Travienbund (Kleiner Hausvater)

From Freigonfalonierat

Ein Edelmann und ein Mägdelein zur Zeit des jungen yaquirischen Königtums

Der Travienbund begründet ein Rechtsverhältnis zwischen dem Mann und dem Weibe. Er bezweckt den gemeinsamen Lebensunterhalt und die Fortpflanzung sowie die Stabilität des Gemeinwesens. Dabei tritt einer der Partner in den Familienverband des Gatten über. Der Traviabund wird vor einem der Zwölfgötter beschworen und gilt üblicherweise mit dem Beischlaf als vollzogen. In dörflichen Gemeinschaften wird zuweilen auch schlicht eine kleine Versammlung abgehalten, in deren Kreis Braut und Bräutigam zusammengeführt werden. Die anschließende Heimführung der Braut oder des Bräutigams signalisiert den halböffentlich dokumentierten Vollzug des Traviabundes. In jedem Fall legitimierend wirkt das Zeugnis der Travia-Kirche. Noch vor der Patronage hat der Traviabund eine bedeutende politische Funktion.
Die Traviafähigkeit wird gemeinhin mit dem Erreichen eines Alters von 14 Jahren für gegeben angesehen. In den Eliten ist die Verlobung einem solchen entsprechenden Zeitpunkt jedoch in aller Regel um Jahre vorausgegangen, so dass die Traviafähigkeit fast nie auf die Fähigkeit zu einer Willensäußerung zu beziehen ist, hingegen fast immer und ausschließlich auf die Vollzugsfähigkeit des Bundes im Fleische. Gleichwohl gehört trotz eines Mindestalters beispielsweise eine Genitalblutung sehr junger Mädchen zur Traviapraxis, wenn sie sich von einem erheblich älteren Traviagefährten beschlafen lassen mussten.


Einige Sittengesetze des Menschen leiten sich nicht aus tierischer Naturanlage ab, sondern aus der Vernunft. Wie man nämlich die Hirsche im Walde in der fornicatio simplex (= schlichten Unzucht) beobacht' und auch gewahrt, wie sie mit Ernst um die Kühe fechten - was ihre Art von Krieg ist -, stiftet der Mensch Frieden mit dem fortdauernden Traviabunde zwischen einem Manne und einem Weibe. Darin liegt Vernunft, denn der Mensch meidet die blutige Fehde um das Weib, indem er gemäß der Frau Travia ein Gesetz sich erfind't und das tierische Wesen bind't.
- Ausführungen eines Travia-Geweihten.


Da zogen die Leute von Compar Geronte den Wagen mit dem armen Weibe durch das Dorf, dass die Knaben und Mägdelein die Okkasion nahmen, tanzend und singend ein spectaculum zu machen. Des Gevatters Schwärtochter ward nämlich vor Travia berührt und angebrütet, dass er sie nimmer in seinem Hause sehen noch unterhalten wollt'. So brachte er sie zu ihrem Vater zurück. Das Dorf aber, als dies vor aller Augen geschah, hohnlachte. Manch altes Weib rang dankend die Hände zur Frau Travia und sprach solch gerechter Geißelung unrechter Gebar lobende Worte. So wacht stets aller Menschen Auge im Dorfe über rechte und unrechte Travia.
- Aus den Annalen eines yaquirischen Städtchens


Da Abstammung und Familienzugehörigkeit nicht zwangsläufig patrilinear, also über den Vater, festgelegt sind, wird meist im Ehevertrag geregelt, wer den Familienverband wechselt. Der in diesem Sinne überlegene Teil heiratet maiore Travia, der unterlegene inferiore Travia. Die Mitgift, also das "Mitgegebene", wird von der Familie entrichtet, die ein Mitglied in den fremden Unterhalt abgibt. Dem steht eine mitgiftlose Form des Traviabundes gegenüber, die aus der Sicht der aufnehmenden Familie schlicht den Stammerhalt bezweckt und die fremde Familie nicht oder kaum zu belasten gedenkt. Verhandlungspotential bietet in einigen Kreisen auch die Intaktheit der Braut. Sie ist belangvoll wegen der traviengemäßen Abkunft der Kinder aus der Verbindung - und zwar rückblickend wie auch vorausschauend. Unterschiede von Macht und Geblüt können zuweilen die Mitgift in die Höhe treiben. Außerdem gilt es in einigen Kreisen als Signal des sozialen Abstieges, wenn eine Familie ihren Heiratskreis - zumindest im Umfeld der Erblinie - nach unten durchbricht.


Aus der Zeit des Königs Therengar ward bericht', wie zwei Edelleute von rechtem Namen stets auf ihres Ahnen Köchin die Becher anzustoßen pflogen. Und nämlich war die Geschicht', maßen der Schoß der edlen Frau unfruchtbar wesen, dass also das gemeine Weib zum Substitut sich hatte hergeben müssen, dass der Stamm nicht erstürbe. Solches zuweilen geschieht.
- Wahrliche Begebenheit aus dem Anekdotenschatz der yaquirischen Aristokratie


Der Traviabund strahlt maßgeblich auf das Machtgefüge des Lieblichen Feldes aus. So ist die Gesellschaft in wesentlichen Punkten gentilizisch strukturiert, indem Bündnisse durch einen Traviabund besiegelt oder auch Feindschaften durch ihn beseitigt werden. Die Familiensolidarität ist außerdem der Schoß für gezielte Ämterbesetzungen und gegenseitige Förderung. Eine Gruppe aus mehreren Familien, die durch vielfache Vetternschaft verbunden sind und oftmals gemeinsam agieren, ist ein Gentilverband. Die Kehrseite dieser Auswirkungen auf die politische Struktur sind mehrere Gentilverbände, die in den Dörfen, in den Städten, regional oder gar reichsweit einander bekämpfen und ihre Feindschaft über Generationen hinweg einander ins Mark gebrannt haben. Die Gesellschaftsschicht entscheidet hierbei über Maßstab und Auswirkungen, so dass von Eskalationen und Erbfeindschaften auf dem Dorf bis zum Straßenkampf in den Städten und blutigen Adelsfehden kleine und große Unbilden geläufig sind.


Daher der Jüngling und das Mägdelein, durch Väter Hass entzweit und im Verein, gemeinsam den Tod gesucht. So endete mit großem Leiden, wo doch in Travias Güte das Geblüt wollt' dem Geblüte friedvoll eiden.
- Schlussatz einer Erzählung.


Mögliche Aspekte

Einige mögliche Begriffe

Verwandtschaft - Vetternschaft
männlicher Verwandter - Gevatter oder Compar
Großvater - Ahn
Vaterbruder - Onkel
Mutterbruder - Oheim/Ohm
Mutterschwester - Muhme
Schwager - Schwäher
Schwiegervater - Schwärvater
Schwiegersohn - Eidam

unverheiratete Frau - Magd/Maid, pulcella
junge unverheiratete Frau - Mägdelein/Mädelein
Mätresse - Buhle

Das Wesen der Favoriten und Favoritinnen ist nach herkömmlichen Bilde in der Adelsgesellschaft verbreitet und eine halboffizielle Form des Ehebruchs. Es handelt sich um eine Begleiterscheinung, die dem System der aus materiellen oder gar aus politischen Gründen eingegangenen Beziehungen innewohnt. So ist der Unterhalt eines Nebenmannes oder einer Nebenfrau - also eines "Hausfreundes" oder einer "Buhle", "Kebse" und was es an Bezeichnungen geben mag - gerade dort verbreitet, wo der Traviabund fast immer aus Konvenienz und eher selten aus Neigung geschlossen wurde. Inwieweit Verhältnisse dieser Art offizialisierbar sind, ist stark vom jeweiligen Milieu abhängig. So gilt der Kaufmannsstand im Vergleich zu Teilen des Adels als eher bieder, - was jedoch mit Blick auf faktische Verhältnisse unter dem Vorbehalt behauptet sei, dass der betroffene Lebensbereich in allen Hochkulturen eher tabuisiert wird und sich folgerichtig nicht dem wachenden Auge der Frau Travia darbietet. Die Travia-Kirche hinwieder fordert dogmatisch die eheliche Treue und greift in Extremfällen sogar sozialdisziplinierend ein, falls der Ehebruch beispielsweise von einer Bloßstellung des betrogenen Teils übertrumpft worden ist. Gleichwohl stehen Favorit oder Favoritin im gesellschaftlichen Ansehen über dem Lustknaben oder der Hure, - zumal sie selbst nicht selten von nicht geringer Abkunft sind. Eine ähnliche Funktion ohne Aussicht auf Anerkennung hinwieder erfüllen Jünglinge oder Maiden, die für die Gesindeschaft angeworben werden und sodann inoffiziell den Zweck erfüllen, dass der Spross des Hauses sich an ihnen erproben möge. Auch über das Verhalten mancher Witwe werden traviaferne Dinge berichtet.
Als legitim und erbberechtigt gelten gemeinhin nur Kinder, die im Schutze der Frau Travia gezeugt wurden. Nichtsdestotrotz hat es auch mancher Bastard aus den Eliten geschafft, abseits eines Erbanspruchs durch den Einfluss seiner Familie in führende Positionen gebracht zu werden.


Als die Traviatestimonianz wird der Vollzug eines Traviabundes vor Augenzeugen bezeichnet. So ist es in einigen Milieus der Aristokratie üblich, dass die Brautleute bei ihrem ersten Geschlechtsverkehr beobachtet werden, weil erst der Vollzug in Travia die Verbindung im rechtlichen Sinne unwiderruflich macht. Falls später die Verbindung gelöst werden soll, kann die Traviatestimonianz bei Streitigkeiten um eine Mitgift von großer Bedeutung sein. Da die Scheidung rechtlich von einer Annullierung getrennt wird, ist letzterenfalls der Mangel eines Vollzuges im Fleische ein schlagkräftiges Argument. Als Traviazeugen treten üblicherweise einige Familienmitglieder und Geweihte auf. Auch von Notaren wurde schon berichtet. Abseits der Traviatestimonianz sollte allerdings nicht vergessen werden, dass die Travia-Kirche erheblichen Einfluss auf die Legitimierung einer Verbindung nehmen kann und im allgemeinen Ansehen gar zu Machtsprüchen befugt ist.
Eine abgeschwächte Form der Traviatestimonianz ist das Belauschen der Jungvermählten von einem Nachbarraume aus. Manchen hochgestellten Sekretär wird man schon gesehen haben, wie er zur Feder griff, sobald der Vollzug in Travia vernehmbar geworden. So ist auch die Mitteilung über den Vollzug ein politisches Signal und bei hochpolitischen Ehen das beruhigende Signal etwa der Aussöhnung zweier Parteien.


Als eine Handschuhehe bezeichnet man einen per procurationem geschlossenen Traviabund, also die Abgabe der dazugehörigen Willenserklärung durch einen Stellvertreter des Bräutigams oder der Braut. Da der Traviabund erst mit seinem Vollzug voll rechtswirksam wird, ist es bei einer Handschuhehe zuweilen der Brauch, dass etwa der Stellvertreter des Bräutigams sich mit der Braut in das Gemach begibt und auf dem dortigen Bett vor Zeugen ein Bein entblößt. Im Rahmen der Traviatestimonianz gilt dies - so absurd es wirken mag - rechtlich als Vollzug der Ehe.


Der Stellung der geschlechtlichen Vereinigung nach hat die ehrbare Matrone das Recht, von Antlitz zu Antlitz beschlafen zu werden. Standesniedere Frauen hingegen - so sozial schwächere Frauenspersonen aus der Gesindeschaft, Prostituierte usw. - werden "von hinten genommen".

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