Quarto Novo
From Freigonfalonierat
„Quarto Novo! In den Ohren der einfachen Efferder klingen diese Wörtchen golden. Denn sie sind hierzulande ein Synonym. Ein Synonym für Reichtum, für Macht und für Wohlergehen. So hört man Eltern immer wieder sagen: „Wir sind doch hier nicht in Quarto Novo!“ Sie sagen es immer dann, wenn sie den Kinderlein bedeuten mögen, dass ihnen etwas zu teuer ausfällt. Und für wahr, das kann ich Euch sagen Majestät, es sind nicht nur die Reichsten der Reichen, die in diesem Viertel residieren, sondern es sind auch nur die wohlhabenden Städter, die hier kaufen. Sie gehen in aller Regel zum Neuen Markt (1), wenn ihnen der Sinn nach neuen Stoffen und Gewürzen-, nach Weinen und Südmeerköstlichkeiten-, nach Geschmeide und Tand aller Art steht. Bereits am Eingang zum Viertel halten die so genannten Patriziergarden Wache und ärmliche Städter, oder gar Bettler, werden höflich, doch bestimmt, abgewiesen. Wer hinein will, der muss nicht nur Dukaten geschmückt sein, sondern es muss ihm auch anzusehen sein. Und so kommt es, dass die feine Kundschaft ungestört ihren Geschäften nachgehen kann. Wer indes weniger dem Handel geneigt ist, sondern mehr der Stadtpolitik, der begibt sich zum Forum Notabilium (2). Es ist eine gemütliche Piazza im hinteren Winkel des Viertel, die durch das majestätische Gebäude des Stadtrats geprägt wird. Durch seine Lage in Strandnähe ist das Forum auch ein beliebtes Ziel für Flaneure und Maler.“ Reisebericht des nostrischen Botschafters, Rafnar Alexej Krumme (1031 BF) Der Neue Markt ist der größere Teil des Stadtviertels Novo Quarto. Was immer in Efferdas gehandelt wird, hier kann man es erwerben. Im Osten grenzt der Neue Markt an den Platz der efferdischen Libertät, im Westen an das Forum Notabilium (10). Der Neue Markt wird geprägt von Bürgerstolz und Geschäftigkeit, von Reichtum und Wohlergehen. Rings um das weite Areal haben einige der mächtigsten und reichten Patriziergeschlechter der Coverna ihre prunkvollen Palazzi und geräumigen Kontore erreichtet.
Kommt man vom Senat, so passiert man die „Porta Aurea“ (1) zwischen dem Kontorhaus der Efferdischen Salzhandelscompagnie (3) zur Rechten, sowie dem prächtigen Palazzo Vinarii (2) zur Linken. Die Familie Vinarii betreibt seit ehedem ihre Geschäfte mit Rahjas Gaben und versteht es wie kaum ein zweites Haus der Region, Weine in bester Qualität anzubieten. Bis in die ferne Capitale Vinsalt, aber auch hinauf bis Grangor werden die schweren Weine der Familie gleichermaßen hoch geschätzt, wie gern getrunken. Die Familie Vinarii gehört der politischen Klasse der „Senatpatrizier“ an. Diese Familien sind es, die unter den Kaufherren der Stadt die reichsten und damit bedeutendsten sind. Sie sitzen im Senat und bestimmen nicht nur die städtische Politik, sondern die der gesamten Belhankanischen Republik Efferdas.
An ihrem Palazzo vorbei, öffnet sich dem Besucher ein großes ebenmäßiges Rechteck, dessen zweifarbig gehaltene Granitplatten ein aufwendiges und hübsches Wellenmuster bilden. Einer alten Tradition folgend, wird der Platz an jedem Rohalstag durch die örtlichen Steinhauer immer wieder aufs Neue poliert. Diese Arbeit ist ein angesehenes und ertragreiches Ehrenamt, denn die Poliere dürfen alles behalten, was sie während ihrer Arbeit finden. Und dies kann nach Markttagen ein durchaus anständiges Sümmchen sein.
An der Stirnseite des Neuen Marktes befinden ich, hinter aufwendig gearbeiteten Säulengängen, die Börse (4), das Verwaltungsgebäude der Efferdischen Handelscompagnie (5), sowie deren Kontorhaus (6). Denn nahezu jede Ladung Tabaks, die im Hafen gelöscht wird, gehört der „Compagnie“. Die Geschäfte laufen gut und die Hauptanteilseigner, unter anderem das für ihr Salz bekannte adlige Senatorenhaus di Punta, gehören folglich zu den einflussreichsten Geschlechtern der Stadt. Eine weitere mehr als nur äußerst wohlhabende Familie, ist die Familie Changbari, die ihr Heim in den Patriziercollonaden (7) hat. Es ist ein prunkvoller Stadtpalazzo (8) im besten Renascentialstil, der in seinen Mauern ebenfalls die Kontorräume und Schreibstuben beherbergt. Seit vielen Jahrhunderten schon gehört die Familie zur Belle Etage der städtischen Hierarchie und war an der Gründung der Republik beteiligt. Zu Recht stieg sie in die Reihe der „Senatspatrizier“ auf. In der weiteren direkten Nachbarschaft der prächtigen Patriziercollonaden leben und arbeiten ebenfalls begüterte Kaufherrengeschlechter, - allerdings nennen diese kein Senatorenheil ihr Eigen. Diese Patrizier sind reiche Geldwechsler und kleinere städtische Reeder, sowie Stellmacher und Spediteure.
Auf Beschluss des Senats, wird in den Collonaden ebenfalls die Gesandtschaft Sewamunds untergebracht. Ihr Kontorhaus wird folglich eine der besten Adressen der Stadt sein. Ebenfalls im Quarto Novo untergebracht ist der Postdienst (9) von Efferdas. Das Hauptgebäude befindet sich auf der Ostseite und beherbergt neben dem Kontor auch die geräumige Wohnung des Vorstehers.
Herrscht auch außerhalb der Markttage auf dem Neuen Markt ein reges Kommen und Gehen, so erlebt man an jenen eine regelrechte Menschenflut. Neben all den großen Kontoren, strömen städtische Händler, Schiffsbesatzungen aus dem Hafen, Bauern und Winzer des Umlandes, Handwerker, Künstler und Kunden gleichermaßen, wie auf geheimen Geheiß, zu ihm hin, falls ihr Äußeres den Wachen nicht zu sehr widerstrebt. Ganze Wagenladungen der kostbarster Handelsgüter wechseln die Besitzer, die Handwerker und Kunsttreibenden bieten Ingerimms Gaben zum Kauf. Und über allem ruht der wohlige Duft der vielen verschiedenen Bäckerstände und örtlichen Garküchen.
Die Stände der kleineren Händler sind voll von traditionell covernischen Gütern. Hier finden sich wohlriechende Duftwässer, bezaubernde Blumen, Pflanzen und kräftiges Holz, aber auch ordentliche Handwerkskunst aus den nahen und ferneren Dörfern und Ortschaften. Die vertretenen Handwerker selbst, bieten ihre technische Waren, Pilgerausstattungen, efferdische Andenken, Schmiedeerzeugnisse, Schnitzereien und vieles mehr. Die wenigen Stände der angereisten Fernhändler hingegen, warten mit so manch exotischem Artikel in der Auslage auf und die Efferdische Handelscompagnie bietet alles, was das Herz über dies hinaus noch zu begehren vermag.
Wer den Neuen Markt hinter sich gelassen hat, weil er zum Forum Notabilium gelangen möchte, der passiert die kleine Piazza Draconis (10). Ehedem ohne Bedeutung, gab man ihr nach dem Thronfolgekrieg diesen Namen, der vom Ruhm des Kaiserhauses künden soll. Ihr zentrales Motiv zeigt die Piazza in einem nahezu drei Schritte hohen Standbild des heiligen Kaisers Dozman-Horas, der als Hüter gegen die Schrecken der Meere verehrt wird. Der Statue zu Füßen befindet sich ein kleiner Brunnen, der als Wunschbrunnen dient. Denn die, durch den Seehandel reich gewordenen, Patrizier erbitten hier den Schutz und Segen des legendären Horas, indem sie kleine Münzen hinein werfen. Diese Tradition befolgen auch die Mitglieder der Patrizierfamilie Slin, deren Palazzo Slin (14) als prunkvolles Wohnhaus an der Piazza Draconis liegt. Von ihr oben aus, hat die Senatorenfamilie einen vorzüglichen Blick auf das Gelände ihrer Werft im Hafen der Stadt.
Das Forum Notabilium (= "Platz der Achtbaren") ist der Rathausplatz von Efferdas. Geschäftigkeit prägt ihn durch und durch. Die Schreiber und Beamten im Dienste der Stadt, aber auch Kaufleute und Patrizier, sowie Adlige und Bürger prägen sein Bild. Das gesamte Areal erstrahlte in der hellen Architektur des Renascentum.
Es ist ein buntes Kommen und Gehen auf der recht kleinen Piazza. Dominiert wird sie durch die prächtige Fassade des efferdischen Stadtrats (11). Neben den Ratsherren und -damen sorgen hier in drei Stockwerken dutzende von Schreibern und Beamten für einen geordneten Ablauf des urbanen Lebens. Was die Fassade verspricht, hält das Interieur. Auch die Hallen, Flure, Amtsstuben und Arbeitszimmer sind im modernen Rescentialstil gehalten und Besucher verweilen hier gerne noch nachdem sie den Sinn ihres Besuchs erfüllt haben. So zieht es manchen nach getaner Arbeit noch in die „Ratstaverne“, einem kleinen Gasthaus im Keller eines Flügels des Stadtrates. Die Speisen und Getränke sind hier ebenso vornehm wie das Publikum, das die hohen Preise nur wenig schert. Durch die Ratstaverne gelangt man, einem Gerücht zufolge, an Tage des Gottesdienstes auch in den geheimen Phextempel, der sich irgendwo weit unter dem Forum Notabilium befinden soll.
Im Gegensatz zum angrenzenden Neuen Markt, gibt es auf dem Platz der Achtbaren keinerlei offenen Handel. Geschäfte aller Art werden hier nur in den anliegenden Gebäuden betrieben. In der, an der Ostflanke gelegenen, Banca della Renascentia (12) erwerben die aufstrebenden Handwerker der Stadt Darlehen, die Patrizier handeln Schuldverschreibungen und tätigen sonstige Geldgeschäfte, oder es hinterlegen brave Bürger Einnahmen auf ihren Konten. Gegenüber den Gebäuden des Stadtrates und der Bank befindet sich das ebenfalls prunkvoll ausgebaute Palazzo Kanbassa (13). Neben den Beschäftigten des Hauses, sieht der Betrachter immer wieder Kunden einkehren, die Schmuck und Kolonialgüter, oder auch andere teure Kostbarkeiten erstehen. Denn der Handel mit Waren des Südens ist das Metier der Senatorenfamilie. Auf Grund der Nähe zum Strand finden sich auf der Piazza immer wieder Künstler ein. Sie malen die Flaneuere und Herrschaften, das Alltagsleben des Platzes, oder die „Efferdgasse“, -einen schmalen Durchgang zwischen dem Stadtrat und dem Palazzo Kanbassa.
Eine ganz besondere Attraktion hat das Forum über dies alles hinaus zudem zu bieten. Denn in der Mitte des Platzes, sticht unter den ebenmäßigen gelblichen Granitplatten eine weiße hervor. Es handelt sich um eine, gut einen Rechtschritt große, Marmorplatte, die einst zum Boden des bosparanischen Senats zählte. Sie ist ein Geschenk der Republik Belhanka an die Bürger der „Schwester“ Efferdas und bezeugt die gute Tradition der Selbstbestimmung freier Horasier.
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