Praiologisches Gutachten angelegentlich des Toricumer Schrifttums (Winter 1032 BF)

From Freigonfalonierat

Im Winter des 1032ten Jahres bat die kommissarische Hauptgeweihte des Toricumer Praios-Tempels Sancti Ageriani ad Vincula Railinja Praiodane Torrem den Wahrer der Ordnung um die Begutachtung der praiologischen Konsistenz einiger Werke aus der Toricumer Traktatistik. Greifmut Silem von Calven-Imirandi, die rechte Hand des Wahrers der Ordnung, antwortete stellvertretend mit einem Breve.

Der Breve kommentiert die Schriften

- Theatron tôn Alveraneidôn von Gondehals Severius (Praiologe)
- Schriften bzgl. der Herrschaftsformen in Belhankien

Unkommentiert blieb das gleichfalls vorgelegte Vademecum Praioticum Tauricense von Railinja Praiodane Torrem. Es galt dem Praetor Vicarius für leidlich unbedenklich.

Bosparano

Perdignus Griffonianimus Silem de Calvena-Imirandi, praetor vicarius aedis Sancti Rohalis Vinsaltae pro Luminifacto, prior ordinis Servorum Luminifacti, supplex servus et vassus humilis Principis Deorum sui salutem habet sorori Railinjae Praiodanae Turricensi, praetrici aedis Sancti Ageriani ad Vincula Torico ad interim et Ordinis Aldigonis Sancti ancillae.

Gratias ago sorori meae libros missos gratia, quia haec actio calamitatem maiorem peiusque prohibuerit. At cura ardente legi, intellexi et enummerabo per istorum librorum documina fratres sororesque in Praio (sanctus! sanctus! sanctus!) varios vadere in ianua et margine nefasta sicut et verba ea communia vulgataque conspergi.

Primus liber "De regimine civitatis Belhanciae verba" appellatus et liber de "Regimine Praiotico" in formis mutatis ordinem ordinis et regimentum divum negent. Sacerdos principis deorum non ignorato et scio, te ipsum cognoscere: Populum repugnantem contra Regem - nunc domator maleficus, nunc iustus dux - populum perfidum et servum cuius, qui fuit, est et fuerit sine nomine.

Daemonibus est gaudium dissentiae perturbationisque inter pios nostros - et, si fas est, incredibiliter est reges protrusos a populo, novos alias aliter electos et alicunde sumptos. Prima fons iuris et regiminis Dominus Praios et vultus levis multitudinis nullum est - ubi est rex unctus, ibi rex est amatus a Praio. Si rex iniustus est, poena Domini perdit sed numquam vi vulgi.

Maximum periculum haeresiae iterum videtur in littera alia. "To ton Alveraneidon Theatron", littera perinde veritate persciens ac perscindens. Los non et numquam, ut auctor "Theatrou" scripsit, Deos duodecimunitos (sancti! sancti! sancti!) creavit una cum uno, qui nomen non habet, nec daemonibus animo toto et intellecto vigilante. "Cosmologia" Sanctae Illumnestrae docet, ut soror mea certe scit, Lotem Sumum in affectu necavisse, isque in affectu irae, non solum unicumque esse in mundo.

Sin Los Sumum cognitione illuminata necavit ut solivagus possit, liber de "Theatro" impossibiliter dicit veritatem magnam: Los non quaesit sociabilitatem sed solitudinem, ergo ipse non fecit animalia nec servos. Hic veritas est: Dei non sunt animalia mota a Lote, sed summum bonum essentiae Lotis, summa bona habent et sunt. Los est fundamentum omnium, at nihil valet in actionibus et consiliis Deorum. Daemones et hic, qui non habet nomen, non partes summi boni sunt et non habent, illi, quia non sunt e sanguine Lotis, hic, quia partem suum de summum bonum amisit per superbiam. Is ergo, qui docet Daemones e essentia aequali Dei esse et utrosque aequos creatos haereticus est et catharus.

Me iis rebus commoto consilium Luminifacti Ordinis Bosparani est, Torici civitatem per eius servum visitari, ne plebs credula disciplinis falsis corrumpeatur et sorori meae auxilium obveniat. Spero et puto eos libros dubitabiles non signare cordia corrupta, ut mox amicitia pura et unitas ecclesiae restitutae sint.

Anno 1032 Bosparaniae destructionem post m.p. Greifmut Silem von Calven-Imirandi

Übertragung

Hochwürden Greifmut Silem von Calven-Imirandi, Praetor Vicarius des Tempels "San Rohale" zu Vinsalt für den Wahrer der Ordnung, Prior der Gemeinschaft der "Servi Luminifacti", demütiger Diener und niedriger Knecht des Götterfürsten grüßt seine Schwester Railinja Praiodane Torrem, kommissarische Praetorin des Tempels "Sancti Ageriano ad Vincula" zu Toricum und Magd des Ordens des Heiligen Aldigon.

Ich danke meiner Schwester um der gesandten Bücher Willen, weil durch diese Tat größerer und schlimmerer Schaden abgewandt worden sein mag. Mit brennender Sorge hingegen habe ich gelesen, verstanden und werde nun zusammenfassen jene Bücher als Zeugnisse dafür, dass Brüder und Schwestern in Praios (heilig! heilig! heilig!) vielfach am Tor und an der Grenze zum Frevel wandeln und dass ihre Worte allgemein und verbreitet ausgestreut wurden.

Als erstes mögen das Buch, das "De regimine civitatis Belhanciae verba" genannt wird und das Buch vom "Regimine Praiotico" in verschiedener Weise die Ständeordnung und die göttliche Königsherrschaft leugnen. Als Priesterin des Götterfürsten sollet ihr wohl wissen, und ich weiß, dass ihr selbst wisst: Das Volk, dass gegen seinen König Widerstand leistet, er sei ein ungerechter Gewaltherrscher oder ein gerechter Anführer, ist ein unfrommes Volk und ein Sklave dessen, der ohne Namen war, ist und sein wird.

Eine Freude der Dämonen sind Entzweiung und Verwirrung unter unseren Gläubigen - und, wenn es Gottesrecht ist, dies zu sagen: unglaublich ist doch, dass Könige vom Volk abgesetzt, mal so, mal anders ausgewählt und irgendwoher genommen werden. Erste Quelle des Rechts und der Herrschaft ist der Herr Praios und der leichtlebige Wille des Volkes ist nichts - wo ein gesalbter König ist, da ist ein von Praios geliebter König. Wenn ein König ungerecht ist, wird ihn die Strafe des Herren verderben, aber niemals die Kraft des Pöbels.

Die größte Gefahr der Häresie wird wiederum in den anderen Schriften gesehen. "Ton Theatron alveraneidon" mag eine ebenso sehr kluge wie auch die Wahrheit gänzlich zereißende Schrift sein. Los hat nicht und niemals, wie der Autor des "Theatron" behauptet, die zwölfeinigen Götter (heilig! heilig! heilig!) und jenen, der keinen Namen hat und die Dämonen mit ganzem Geist und wachem Verstand geschaffen. Die "Kosmologie" der Heiligen Illumnestra lehrt, wie meine Schwester sicher weiß, dass Los Sumu in Leidenschaft tötete, und zwar in der Leidenschaft des Zorns, nicht einzig und allein in der Welt zu sein.

Wenn aber Los Sumu erschlug, um allein umherschweifen zu können, sagt das Buch des "Theatron" unmöglich die Wahrheit: Los suchte nicht die Gemeinschaft, sondern die Einsamkeit, also schuf er sich keine Wesen und Diener. Hier ist Wahrheit: Die Götter sind keine Lebewesen, die von Los bewegt werden, sondern sie sind das höchste Gute aus der Essenz des Los, sie haben und sind das höchste Gute. Los ist die Grundlagen von allem, aber er zählt nichts für die Taten und Ratschlüsse der Götter. Die Dämonen und der, der keinen Namen hat, sind nicht Teil des höchsten Guten und haben es nicht, jene, weil sie nicht vom Blute Los' sind, dieser, weil er seinen Teil des höchsten Guten durch Hochmut verloren hat. Wer also lehrt, Dämonen seien von ihrer Essenz den Göttern gleichwertig und beide als Gleiche geschaffen, der ist ein Häretiker und ein Ketzer.

Durch diese Dinge bewegt, ist es Beschluss des Wahrers der Ordnung Bosparan, Toricum durch seinen Diener besichtigen zu lassen, damit nicht das leichtgläubige Volk durch falsche Lehren verdorben werde und meiner Schwester Hilfe zu Teil werde. Ich hoffe und glaube, dass diese zweifelhaften Bücher nicht verderbte Herzen anzeigen, damit bald reine Freundschaft und Einigkeit der Kirche wiederhergestellt werden.

Im Jahre 1032 nach Bosparans Fall, von eigener Hand,

Greifmut Silem von Calven-Imirandi.

Folge

Zu Toricum wurde mit dem Erhalt der Antwort Gondehals Severius, der Verfasser des Theatron tôn Alveraneidôn umgehend inhaftiert und auf die Festung Toricum verbracht. Die Klosterpriorin Varsinia Menaris beschloss den Ankläger zum Richter zu machen und entschied, in ihrer Eigenschaft als nomineller Vorstand des Alten Fondaco, das Greifmut von Calven-Imirandi das Urteil über Severius zu sprechen habe. Sie erklärte fürderhin, dass Severius unabhängig vom Urteil des Praioten in Toricum, sofern ihre Meinung gefragt sei, nimmermehr in Wort oder Schrift zu hören oder zu lesen sein solle und verwies darauf, dass sie seine ketzerischen Ideen bereits in einer frühen Phase seines Schaffens erahnt und im Vertrauen auf seine Redlichkeit Severius lediglich daraufhin gewiesen habe, anstatt ihn sogleich den kirchlichen oder weltlichen Gewalten zu überstellen. Greifmut entschied, seinerseits die Stellvertretereigenschaft für den Wahrer der Ordnung betonend, dass die Schriften des Severius als schädlich und unnütz weggeschlossen werden mögen - der Ort bleibt offen - und Severius solle eine Geldbuße von 144 Dukaten an das Fondaco zu Toricum leisten. Eine Pilgerfahrt nach Vinsalt solle er unternehmen und nimmermehr Bücher schreiben, es sei denn solche, die im Voraus von der Inquisition für gut und billig eingestuft wurden. Eine weitere Lehre ist ihm ebenso bis auf weiteres untersagt - für eine eventuelle Rehabilitation übergibt Greifmut die Verantwortung an Varsinia Menaris.

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