Ehrenschutz
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Systematik
Das Schutzobjekt der § 185 StGB - § 188 StGB ist die Ehre. Üble Nachrede (§ 186 StGB) bezieht sich auf die Äußerung nicht erweislich wahrer Tatsachen, Verleumdung (§ 187 StGB) auf die Äußerung unwahrer Tatsachen und die Beleidigung (§ 185 StGB) ist wohl ein Auffangtatbestand. Die üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB) ist eine Qualifikation der Beleidigung. Tote werden durch den Tatbestand des Andenkens Verstorbener nach § 189 StGB nur gegen Verunglimpfung dh, gegen besonders schwerwiegende Verletzungen geschützt.
Begriff der Ehre
Ehre ist nach dem normativen Ehrbegriff der Wert, der dem Menschen kraft seiner Personenwürde und aufgrund seines sittlich-sozialen Verhaltens zukommt. Geschützt ist nicht das übersteigerte subjektive Ehrgefühl und nicht der gute Ruf in seiner realen Existenz.
Nach dem älteren faktischen Ehrbegriff wird Ehre in ihrer dualistischen Ausprägung von innerer Ehre (Ehrgefühl) und äußerer Ehre (Leumund) definiert.
Die Rechtsprechung verwendet einen normativ-faktischen Ehrbegriff.
Beleidigungsfähigkeit natürlicher Personen
Beleidigungsfähig ist jeder Mensch, auch das Kind oder ein geistig Kranker, nicht aber der Tote.
Beleidigungsfähigkeit von Personengemeinschaften und Verbänden
Nach der hM wird Personengemeinschaften und Verbänden Beleidigungsfähigkeit zuerkannt, soweit sie einen einheitlichen Willen bilden können und eine rechtlich anerkannte soziale Funktion ausüben, wie beispielsweise Parteien, Gewerkschaften, Bundeswehr, Fakultäten ua, nicht aber die Familie.
Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung
Erstens kann eine Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung vorliegen, wenn der Täter nur den Personenkreis bezeichnet, auf den sich seine ehrkränkende Äußerung sich bezieht. Hier ist jeder einzelne des Kreises strafantragsberechtigt, wenn er gemeint sein könnte. Voraussetzung ist, dass der Personenkreis überschaubar und aufgrund bestimmter Merkmale so klar umgrenzt ist, dass der deutlich aus der Allgemeinheit hervortritt oder dass sich aus dem raumzeitlichen Zusammenhang eine Individualisierung ergibt.
Zweitens kann eine Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung vorliegen, wenn der Täter offenlässt wer gemeint ist, und mehrere gemeint sein könnten.
Mittelbare Beleidigung
Von einer mittelbaren Beleidigung spricht man, wenn eine Ehrenkränkung außer den unmittelbaren Betroffenen auch Dritte in ihrem Achtungsanspruch verletzt ("Hurenbengel").
Kundgabecharakter der Beleidigung
a) Kundgabe
Ehrenkränkende Äußerungen müssen einen bestimmten oder objektiv bestimmbaren Inhalt haben, sich an einen anderen zu richten und zur Kenntnisnahme durch andere bestimmt zu sein.
b) Ausführung im Kreis eng Vertrauter
Äußerungen ehrenrührigen Inhalts im engsten Freundes- und Familienkreis stellen keine Beleidigung dar, da der Mensch einen Raum für eine ungezwungene und vertrauliche Aussprache braucht. Dies gilt nicht für Verleumdung und auch nicht, wenn die Vertraulichkeit zweifelhaft ist
Verfolgbarkeit der Beleidigung
Alle Beleidigungsdelikte sind Antragsdelikte (§ 194 StGB).
Wahrnehmung berechtigter Interessen
Der Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB greift, wenn neben einem berechtigten Interesse auch die Art seiner Wahrnehmung berechtigt ist und der Täter subjektiv zum Zwecke der Interessenwahrung gehandelt hat.
Berechtigt sind Interessen des einzelnen oder der Allgemeinheit, die dem Recht oder den guten Sitten nicht zuwiederlaufen.
Die Handlungen des Täters müssen sich bei Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter dem Blickwinkel der im Einzelfall tangierten Grundrechte als das angemessene Mittel zu Erreichung eines berechtigten Zwecks darstellen.