Baderhaus Cavadenti
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| Platz des Praios | |
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 (1) Praios-Tempel, (2) Theater, (3) Kloster, (4) Baderhaus Cavadenti (5) Apothecarius Cabot und (6) Krämerladen Sarto |
Das Baderhaus von Meister Prasbert Cavadenti befindet sich an der Piazza del Praios und korrespondiert mit dem altbosparanischen Rundtheater. Der Giebelbau ist über den freien Platz hinweg weithin sichtbar und spendet wegen seiner Ausrichtung in der wolkenlosen Praioshitze nicht selten Schatten. Entsprechend ist das Baderhaus auch ein gesellschaftlicher Anziehungspunkt. Außerdem kann der Toricumer hier mit einem schmerzenden Zahn zur Extraktion schreiten, sich Haupt- und Barthaar scheren lassen oder Salben und Tinkturen erwerben.
Prasbert Cavadenti ist nebem dem Stadtmusikanten ohne Zweifel der bestinformierte Bürger des Städtchens Toricum. Insbesondere ältere Herrschaften sind, so geht die Rede, bei ihm schon mit ihrem Haupthaar erschienen, weil sie an der Konversation interessierter gewesen seien als an der Vornahme einer nicht zwingend erforderlichen Schur. Ansonsten muss konstatiert werden, dass Prasbert in allen seinen Bereichen solide tätig werden kann, durch die Verzweigtheit seiner Tätigkeiten jedoch ebenso an der Erringung echter Meisterschaft gehindert wird.
Innerstädtisch kann der Bader als problembelastet gelten, weil er eine politische Ader hat, die, an häufigen Zuständen persönlicher Unzufriedenheit genährt, ihn nicht selten gegen die Obrigkeit wettern lässt.
Weil man es nit leiden wollt',...
... dass wer bei Meister Cavadenti gewesen, auf der Piazza del Praios mit praioswidrig Reden umzugehen pflog, musst' die Herrschaft ein Mahnwort aussprechen lassen. Aber halt: Wir wollen sehen, wie solches näher man tut im Städtchen Toricums.
Der gute Meister Cavadenti hatte soeben die alte Imkerin des Städtchens zu Gast. Und die hatte wohl nicht selten an ihrem Honig genascht und auch sonst süße Dinge gemaust, - dass sie nun mit einem bösen Zahn erschienen. "Meister Cavadenti," sprach die alte Pranja Mievera, so bös' ist dieser Zahn, dass ihr mir das Maul aufreißen und ihn extrahieren müsst. Und da rieb sich der Meister die Hände, indem er an ein Schränkchen lief, darin eine Zange ruhte, und er gab zurück: "Ja, Frau Pranja, da muss die Zange herbei. Diese hier? Oder doch diese?" Da machte die alte Imkerin große Augen, derweil ihr Antlitz ganz fahl ward oder gar grünlich. "Muss ich Euch zu einer Extraktion mit Umsicht raten."
Bald darauf sah man den Meister Cavadenti, wie er, über der sitzenden Frau Pranja gegen den Sessel sich stemmend, den Zahn herauszureißen suchte. "Ah!" rief jene. Und ihr ward ganz bange im Herzen. "Bei Borb'rad! Dass sie still sei und sich nicht rühre!" fluchte der Meister, und dann stemmte er sich abermals. "Ah! Argh!" wimmerte es. Und dabei schienen sogar die Holzwände Mitleiden zu haben. "Dass Ferden selbst mich anbrunze, wenn ich solchen Zahn nicht herausbekomme!" Und dann hielt er inne. Der Frau Pranja liefen Speichel und Blut aus dem Munde, als hätt' eine Kompanie Orken ihr derbe in das Maul geschlagen. Aber der Zahn, ja, der saß noch immer. Und als der Meister Cavadenti abermals die Arme sich reckte, um sodann wieder zur Zange zu greifen, da machte die arme Frau eine bald abwehrende Bewegung.
In jenem Augenblicke aber schlug es an der Türe, und kaum dass hätt' erwidert werden können, trat ein Büttel in die Baderstube ein. Das war der Corfino Artore, welcher den Stadtbütteln vorstand. "Heda, Meister Cavadenti, auf ein Wort!" sprach er - und da war er noch immer nicht gefragt noch gebeten worden. Und weiter: "Da ging ich eben über den Prassenplatz (= die Piazza del Praios), und was hört ich? Schon wieder hat Er versucht, durch üble Worte den Herrn Praios zu schelten und den gemeinen Mann gegen die Ordnung zur Empörung anzureizen! Da will Er wohl die Liebe des Volkes auf sich bringen und machen, dass wir bald leben wie in Schwarztobrien! Aber, ha, Bube, noch dergleichen ..."
Da wollt' der Meister Cavadenti ausholen und ganz erbost zu Widerworten kommen. Aber die Frau Pranja war schneller beim Worte, und ob sie zwar nur lallte und sich das Blut abwischen musst', sprach sie: "Also ich hasse ihn auch. Da will doch kein gemeiner Mann dem Cavadenti nicht folgen."
Und das ist der Grund, daher in Toricum die praiosgefällige Ordnung niemals wird bedroht sein.
