Freiheit des Glaubens und des Gewissens
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§ 4 GG, § 12a GG II, § 140 GG iVm § 136 I, III, IV, WRV und § 137 II, III, VII WRV
Schutzbereich
Der Normtext legt eine Differenzierung in Denken, Äußern und Handeln nahe und zugleich in Religion, Glauben, Gewissen und Weltanschauung.
Nach der Rechtssprechung ist der Schutzbereich jedoch einheitlich. Durch neue Sekten und Religionen wird dies problematisch.
a) individuelle Religions- und Weltanschauungsfreiheit
Weltanschauung und Religion sind Überzeugungen, die sich auf die Stellung des Menschen in der Welt und seiner Beziehung zu höheren Mächten und tieferen Seinsschichten beziehen. Ansichten zu Einzelfragen der Lebensführung sind keine Religion.
Menschenfeindliche Religionen werden erst auf Schrankenebene berührt.
Negative Glaubensfreiheit bedeutet die Freiheit, eine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung abzulehnen.
Religion und Weltanschauung dürfen frei gebildet, gehabt, geäußert und befolgt werden.
Der Wortlaut legt eine Beschränkung auf traditionelle Riten nahe, tatsächlich sind aber auch Caritas, Erziehung, Feiern und anderes geschützt, insofern es für den religiösen oder weltanschaulichen Auftrag notwendig ist und in einem organisatorisch-sachlichen Zusammenhag steht.
Die Größe der Gemeinschaft ist irrelevant.
Es ist durch die weite Bestimmung des Schutzbereichs die Gefahr der Konturlosigkeit gegeben. Die Existenz der Weltanschauung oder Religion und ihr Auftrag müssen plausibel sein.
Es sind nur religiöse oder weltanschauliche Pflichten nicht schon Erlaubnisse geschützt (Vielehe).
b) kollektive Religions- und Weltanschauungsfreiheit
Die kollektive Religions- und Weltanschauungsfreiheit, welche religiöse Organisationen im weiteren Sinne schützt, steht in einem Widerspruch zu § 19 GG III.
Insbesondere ein Selbstbestimmungsrecht und Selbstverwaltung ist gemäß § 137 WRV III iVm § 140 GG geschützt. Dies schließt kirchliche Gerichtsbarkeit oder kirchliche Studiengänge mit ein. Besonders relevant ist dieses Recht im Arbeitsrecht, welches einen Tendenzschutz gewährt. Wer in besonderer Nähe zur Verkündigung beispielsweise eines kirchlichen Krankenhauses gegen ein Religionsverbot auch im Privaten verstößt kann gekündigt werden.
c) Religionsfreiheit im staatlich organisiertem Raum
Aus § 4 GG aber auch aus § 140 GG iVm § 137 I WRV ergibt sich das Neutralitätsgebot des Staates. Inwiefern schränkt dieses Gebot die Religionsausübung, Symbolberwendung und Symboltragung durch Staatsdiener ein in Schulen, Gerichten und Gefängnissen ein? In Konflikt geraten hier die positive Religionsfreiheit der Mehrheit und die negative Religionsfreiheit der Minderheit. Schon im Anblick eines religiösen Symbols wird ein Eingriff gesehen. In BverfGE 35, 366 und 93,1 wird ...
d) Gewissensfreiheit
Das Gewissen ist eine moralische Haltung, welche die persönliche Identität prägt und subjektiv bindend gut und böse (nicht jedoch wahr/falsch, schön/hässlich) bestimmt, sodass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
Das Gewissen ist in Denken, Äußern und Handeln geschützt.
Der Staat muss Alternativen zu gewissensbeeinträchtigenden Handlung bieten, diese dürfen aber mit Nachteilen verbunden sein. Wer beispielsweise an Tierversuchen nicht teilnehmen kann, darf auch kein Tierarzt werden.
Für die Kriegsdienstverweigerung ist § 4 GG III und § 12a GG II lex specialis. Geschütz ist die Pflicht zum Dienst an der Waffe auch nur mittelbar zu Friedenszeiten und zur Ausbildung. Nicht geschützt ist jedoch die Verpflichtung zu bestimmten Kriegen.
Nicht durch die Gewissensfreiheit gedeckt ist die Pflicht zur Steurzahlung, da eine Zurechnung der Zahlung zur missbilligten Ausgabe nicht möglich ist.
Ungerechtfertigte Grundrechtseingriffe sind idR nach einem Urteil nichtig, dies gilt aber nicht für Verstoße gegen die Gewisasenfreiheit. Es kann aber die Pflicht zu Härtfallregelungen für den Gesetzgeber bestehen.
Eingriffe
Ein Eingriff in das Denken ist jede indoktrinierende Beeinflussung weltanschaulicher, religiöser und moralischer Anschauungen.
Ein Eingriff in die Freiheit der Äußerung ist jede Pflicht die Religion zu verschweigen oder zu offenbaren.
Ein Eingriff in das Handeln sind alle staatlichen Gebote oder Verbote, die in einem Widerspruch zur Religion oder Weltanschauung stehen. Ein Eingriff kann durch Handlungsalternativen vermieden werden (Eid).
Eine Ausübung der Religionsfreiheit setzt jedoch ein Bekenntnis und Begründungen voraus.
Rechtfertigung
Die Freiheit der Religion, der Weltanschauung und des Gewissens gelten ohne Vorbehalt und kann nur durch kollidierende Verfassungsgüter eingeschränkt werden.
§ 136 WRV I, III 2 und § 137 WRV III 1 iVm § 140 GG stehen nach Wortlaut und Literatur unter Gesetzesvorbehalt. Dies ergibt sich aus der Ansicht, dass die Wortlaute einander ergänzen.
Die Rechtssprechung nimmt aber an, dass dieser Vorbehalt durch die Vorbehaltlosigkeit des § 4 GG überlagert wird. Denn sollte eine Schranke gelten, so wäre sie in § 4 GG selber normiert. Dies Problem ist stets zu erörtern.
Eine weitere Schranke stellt § 12a GG II dar.