§ 35 StGB

From Ius

Entschuldigender Notstand

(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.

(2) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.



Angehöriger

Angehöriger ist hier iSd § 11 StGB I Nr 1 zu verstehen.


Freiheit

Freiheit ist hier iSd § 239 StGB (Bewegungsfreiheit), nicht jedoch iSd § 240 StGB (Handlungsfreiheit) zu verstehen.

Notwehr gegen die entschuldigende Notstandshandlung ist zulässig.


Nötigungsnotstand

Ein besonderer Fall ist der Nötigungsnotstand. Hier ist der Täter zugleich Opfer einer Nötigung d.h. durch Gewalt oder Drohung mit einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit seiner selbst, eines Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person zu einer rechtswidrigen Tat genötigt wird. Diese Tat ist notwendig nicht gerechtfertigt sonder lediglich entschuligt, da das Opfer sonst keine Abwehrrechte gebrauchen könnte.


Notstandslage

  • Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit
  • Gegenwärtigkeit
  • Nähebeziehung


Notstandshandlung ("nicht anders abwendbar")

  • Erforderlichkeit
  • Eignung
  • Verhältnismäßigkeit


Keine Zumutbarkeit

  • objektive pflichtwidrige (!) Verursachung der Notstandslage
  • besonderes Rechtsverhältnis
  • sonst. Zumutbarkeiterwägungen


Rettungswille

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