Kultur der Armut

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Kultur der Armut In den 1950er Jahren entstand in den USA die Armutsforschung. Als erster wichtiger Armutsforscher gilt der US-amerikanische Anthropologe Oscar Lewis. Dieser erforschte die Lebensbedingungen in mexikanischen Slums. Für die Lebensweise, die er dort vorfand prägte den Begriff „culture of poverty“. Nach Lewis ist die Lebensweise der Armen geprägt von Denk- und Handlungsmustern, die von Generation zu Generation innerhalb der kulturellen Einheit weiter vererbt werden. Diese Kultur der Armut zeichnet sich dadurch aus, dass die Armen nach sofortiger Befriedigung ihrer Bedürfnisse streben. Sie sind nicht in der Lage, ein Bedürfnis zurück zu stellen, um später davon zu profitieren. So investieren die Armen zum Beispiel nicht in ihre Ausbildung und auch nicht in die Ausbildung ihrer Kinder. Das führt dazu, dass auch die nächste Generation arm sein wird. Die einzige Möglichkeit die Armut zu beenden sind laut Lewis von außen kommende Interventionen, etwa durch kompensatorische Erziehung [22],[23] Daniel Patrick Moynihan hat Lewis Konzept auf die USA und andere westliche Industrienationen übertragen. Er argumentiert, dass Arme die Gegenwart mehr wertschätzen würden als die Zukunft. Dies würde zu einem Verfall der Familie führen. Die Kinder würden deshalb schlecht sozialisiert und ein Teufelskreislauf der Armut beginne.[24] Als Kritik auf die Forschungen von Moynihan warf William Ryan ihm vor die Schuld auf das Opfer zu schieben (blaming the victim). Die Armen sind, laut Ryan, Opfer gesellschaftlicher Missstände gegen die sie wegen ihrer marginalen Position nichts unternehmen können. Ihr Verhalten ist nur eine Reaktion auf diese Opfer-Position [25] Der wohl umstrittenste Armutsforscher ist der US-amerikanische Politologe Charles Murray. In seinem Buch Losing Ground teilt Murray Arme in zwei Schichten ein. Die „working class“ (Arbeiterschicht) und die „underclass“ (Unterschicht). Die Unterschicht wird von ihm auch als „dangerous class“ (gefährliche Schicht) oder „underserving poor“ (Übersetzung in etwa: Arme, die es nicht verdient haben, dass man ihnen hilft) bezeichnet. Diese „undeserving poor“ zeichnen sich laut Murray durch mangelnde Selbstdisziplin aus. Sie hätten nicht den Ehrgeiz ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, sondern würden lieber von Almosen leben. Die underclass hätte sich als Reaktion auf zu hohe Sozialleistungen entwickelt. Einige Leute hätten die Sozialhilfe zu ihrem Lebensstil gemacht. Als natürlichen Feind der „underserving poor“ sieht Murray die „working class“ an, denn diese würden den Lebensstil der underclass finanzieren, was aber noch schlimmer sei, die underclass würde durch ihren Lebensstil die Kinder der Arbeiterschicht verderben, die die falschen Werte der underclass übernehmen würden.[27] Später gelangte Murray zu der Auffasung, das Armut vor allem durch niedrige Intelligenz zustande käme. Er schrieb zusammen mit Richard Herrnstein das umstrittene Buch The Bell Curve, in dem auch davon die Rede ist.

22# ↑ Lewis, Oscar: Five Families; Mexican Case Studies In The Culture Of Poverty, 1959. 23# ↑ Lewis, Oscar: La Vida; A Puerto Rican Family In The Culture Of Poverty--San Juan And New York, 1966. 24# ↑ Moynihan, D. P. (1965). The negro family: The case for national action. U.S. Department of Labor. 25# ↑ Ryan, William (1976): Blaming the Victim. Vintage. ISBN 0-394-72226-4. 26# ↑ Martin E. P. Seligman (1979). Erlernte Hilflosigkeit. München, Wien, Baltimore: Urban und Schwarzenberg. ISBN 3-541-08931-8; ISBN 3407220162 27# ↑ Murray, Charles A. 1984.: Losing ground: American social policy, 1950 - 1980. New York: Basic Books

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