Naturalism
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Current revision as of 03:01, 5 July 2007
Wie auch in der europäischen Literatur radikalisierte sich der Realismus in der Darstellung wie auch in politischer Hinsicht und ging so in den Naturalismus über. Das Massenelend in den Städten wurde nun zum beherrschenden Thema der Literatur, mit all seinen Schattenseiten: die Zerrüttung von Familien und Ehen, Alkoholismus, Kriminalität und Prostitution. Ein sozialdarwinistisch geprägtes Weltbild zeigte nun den Menschen als Triebwesen, die Gesellschaft als stetigen Kampf zwischen Individuen. Diente diese These vielen Industriellen als Rechtfertigung für den Kapitalismus, so ist bei vielen naturalistischen Schriftstellern eine gewisse Nostalgie nach humanistischen Werten spürbar. Ihre Werke verbanden sich mit dem Ruf nach sozialen Reformen, der sich in der Politik im Progressivismus eines Theodore Roosevelt, aber auch in radikalerer Form im erstarkenden Sozialismus widerspiegelte.
Stephen Cranes Hauptthema war der Krieg: als Kriegsberichterstatter lieferte er Reportagen aus dem spanisch-amerikanischen Krieg, sein Roman The Red Badge of Courage (1895) stellt vor dem Hintergrund des amerikanischen Bürgerkriegs die militärische Vorstellung von Ehre in Frage. Jack London bereiste als Abenteurer die Südsee und zog während des Klondike-Goldrauschs nach Alaska. Seine Erfahrungen flossen in Romane wie Der Seewolf, Der Ruf der Wildnis und Wolfsblut ein, in der er die Kreatürlichkeit des Menschen im Kampf um das Überleben in der Natur thematisierte; in König Alkohol nahm er sich auch des Elends des städtischen Proletariats an. Sein Spätwerk stellte er in den Dienst sozialistischer Ideen. Frank Norris gehörte wie London der radikalen Literaturszene San Franciscos an. Seine vom klassischen Naturalismus Zolas inspirierten Romane haben so auch das harte Leben in Kalifornien, dem vermeintlichen gelobten Land, zum Thema. Gier nach Gold (1899) hat den niederträchtigen Mord eines Zahnarztes an seiner Frau, Der Oktopus (1901) den Kampf kalifornischer Weizenbauern gegen die Unbill der Natur und des Kapitalismus zum Thema. Der amerikanische Naturalismus wurde in seiner Entwicklung wohl auch durch den frühen Tod seiner Protagonisten geschwächt: keiner der drei genannten wurde älter als vierzig Jahre.