Eine wundervolle Reise nach Madrid
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Aachen. 21. 09. 2006. 3:00 Uhr morgens auf einem menschenleeren Parkplatz.
Plötzlich ertönte von weitem ein dröhnender Vierzylinder, vermischt mit zum Gabbern einladender Musik. Jugendliche Vandalen?
Nein – die ersten Uschis auf ihrem weiten Weg in die spanische Großstadtmetropole! Nach und nach trudelten noch weitere Exemplare dieser Gattung ein und sahen mit herunterhängenden Kinnladen der Asi-Tour der Zuvorkömmlinge im Kreisverkehr zu – eine kreischende A-K near the Kofferraum inklusive.
Nach einem kleinen Sektempfang stieg man dann voll vollzählig und zu allem bereit in den bereitstehenden Bus zum Flughafen. Im Bus stieg dann noch kurzfristig die Party mit dem restlichen Rest vom Sekt, bis sich auch die Letzten zum Schlafen zwischen die Sitze klemmten.
Am Flughafen angekommen traf man dann die bessere Hälfte der Stufe – die Romfahrer. Nach einem letzten Abschiedsgruß verbrachte man einen holprigen Flug mit Ryan Air. Ohne Essen. Ohne Kotztüten. Aber mit einer atemberaubenden Choreographie der Flugbegleiter und Flugbegleiterinnen.
Mehr tot denn lebendig in Valladolid angekommen, schleppte man dann seinen Koffer zu einer weiteren Busfahrt. Irgendwann waren wir dann da und standen im 50er-Jahre-mäßigen Foyer des Studentinnenwohnheims.
Und dann packte Manfredo Pequeno die imaginäre Peitsche aus – die Hetzjagd begann. Eine Stunde lang hatten wir Zeit, um unsere Habseligkeiten aus dem Dunkel des Koffers zu befreien und unter das Joch der Schränke zu stellen. Dann ging es auf ins Ungewisse. Die rot gekleidete Meute stürzte sich in das aufregende Großstadtleben (zu Fuß!). Die ersten „wichtigen“ Denkmäler Madrids wurden unter der Fuchtel des komprimierten Bösen und unserer lieben Frau Gehrke besichtigt. Ein Wettlauf gegen die Zeit, die Kilometer und die Pfunde begann. So würde jeder der kommenden Tage verlaufen. Marschieren ohne Unterlass. Waren wir in der Kaserne oder in Madrid? Wir rätseln bis heute…
Freitag, acht Uhr. Der Wecker klingelte. Die Füße schmerzten noch vom Vortag, doch Beitzelino kannte keine Gnade.
Neun Uhr. Metro-Station Moncloa. Der Zug hält. Nach einer rasanten Fahrt durch den Untergrund schleiften wir unsere Kadaver zu einer Besichtigung des Madrider Stadtmuseums. Danach wurde die rote Meute mit den beschränkten Spanischkenntnissen auf die Shopping-Mall losgelassen. Zentraler Treffpunkt: Corte Inglés, der Supermarkt deiner Träume, die Erfüllung deiner Begehren, der Superlativ des Einkaufens: Ein Liter San Miguel für einen Euro, Kekse, Wasser, Muffins, Wein aus niveaulosen Tetrapacks. Wir Uschis waren uns einig: Das war Leben!
Müde kamen wir im Wohnheim wieder an und fanden uns im Speisesaal ein. Mit eigens dafür angefertigten Essenskarten, um welche sich manche ein spannendes Duell lieferten (wessen Karte versifft mehr?), konnten wir uns alles in der Kantine holen, was unser Herz begehrte, bzw. das, was da war. Unsere Füße fühlten sich vom Laufen an wie frisch frittiert, doch sie waren es nicht – es war der Blumenkohl. Jetzt mal ehrlich Leute, Spanier frittieren alles, was denen zwischen die Flossen kommt. Folglich gab es jeden Tag Pommes, frittiertes Pollo und natürlich kein vegetarisches… ähm… Ökofraß halt. Extrawünsche auf Deutsch, Englisch oder sogar Spanisch wurden nicht akzeptiert, frei nach dem Motto: Es wird gegessen, was aus der Friteuse kommt.
Auch ansonsten wurde kaum Englisch gesprochen. Ein passendes Beispiel aus einem Café: „Do you speak english?“ Und der Kellner ergriff die Flucht! Begleitet wurden diese deliziösen Festmahlzeiten von kleinen Schlückchen Schwimmbad. Das schrie doch geradezu nach McDonalds! Ein saftiger McPollo oder ein 9er Pollo McNuggets… Nach solch kulinarischen Mahlzeiten war es nur allzu natürlich, dass man ein kleines Verdauungsschläfchen benötigte. Also präsentierte man der Dachterrasse im dritten Stock die cremefarbene Wampe und genoss die intensive Höhensonne Spaniens. Olé.
Nach dem nachmittäglichen Sightseeing vergnügte man sich mit Tabu (Jenny:“ Woran denkt Johanna immer?“ Alle:“…!“), Pantomime, Pferderennen und leerte diskret den Schokoriegelautomaten. In den folgenden Tagen besichtigten wir so ziemlich jedes Museum in Madrid, zu des einen Freud, zu des anderen Leid. Dabei genossen wir auch die Kunst von Pablo „Pikachu“ und Lena, vier Jahre. Besonders das Kunstwerk „Der betrauerte Verstand“ begeisterte uns. Unsere Füße warfen Blasen, unser Mienenspiel flehte um Erlösung, doch unsere beiden Peiniger kannten keine Milde. Und so herrschte die ersten drei Tage Kultur im Schnelldurchlauf. Doch es gab ein Licht am Ende des Tunnels: Der Montag. Grenzenlose Freiheit im Land der unbegrenzten Möglichkeiten – ah ne, falsches Land…
Bar jeder Verpflichtungen konnten wir tun und lassen, was wir wollten. Die einen schliefen, die anderen betrieben Extreme-Shopping, wieder andere kauften Donuts im einzig wahren Donut-Tempel: Dunkin’ Donuts. Und es erwies sich: Hast du Donuts, hast du Freunde!
Trotz des strahlenden Sonnenscheins des südlichen, sommerlichen Herbstes schaffte es unser Isalein krank zu werden. Immer trifft es die Falschen! Es hätte die dreisten, aber doch raffinierten Taschendiebe treffen müssen, welche uns im Madrider Untergrund heimtückisch auflauerten. Auch auf dem Flohmarkt lieferten wir unsere heiß und innig geliebten Taschen der Gefahr aus.
Zum Flohmarkt gibt es nur noch Folgendes zu sagen: engster Kontakt mit Ellebogen in der Fresse, im Kreuz und mit Spaniern, die eine explosive Mischung aus Johnny Depp und George Clooney darstellten. Doch leider hielten sie uns aufgrund der Taschentragtechnik für schwanger (Es wird ein Rucksack!). After the chilly Monday ging es ab nach Toledo. Bereits auf der Busfahrt (Klappe: “Busfahrt, die 54.“) kamen wir in den Genuss, unsere halb versteinerten Lunchpaket-Brötchen zu verzehren. Irgendwann wird mal jemand bei einer Ausgrabung sagen:,, Oh, es ist ein Brötchen aus dem Pleistozän!“ Als wir aus dem Bus ausstiegen, traf uns fast der Schlag: Toledo war ein einziger Hubbel. Unsere bereits zur Genüge gepeinigten Füße schrieen stumm auf bei diesem martialischen Anblick. Abgesehen von „El Greco“ gefiel uns diese Stadt dennoch ausnehmend gut. Vor allem eine weitere Filiale von McDonalds und die Mazapán-Shops hatten es uns angetan.
Insofern man Toledo überlebt hatte und die Füße noch die Überreste des Kadavers tragen konnten, schleppte man sich ins Berna Beo Stadion. Real Madrid vs. Dynamo Kiew. In Andacht an den Englisch-Lk sagen wir an dieser Stelle nur: Bend it like Beckham! Obwohl Ronaldo mit seinen neongelben Schuhen auch nicht zu übersehen war.
Doch nicht nur im Stadion wurde gespielt, sondern auch auf dem Platz neben dem Wohnheim. Olga schaffte die erfolgreiche Annäherung an die spielenden Studenten mit einem charmanten:,, Can I play with your balls?“
Am letzten Tag machten wir uns auf die Fahrt zum „Escorial“. Und wiederum schockte uns der Anblick: Das „Escorial“ lag auf einem Berg. Laufen – to be continued! Dennoch erwies sich die Besichtigung als sehr interessant.
Davon heimgekehrt machte man in Madrid noch die letzten Besorgungen (Donuts, San Miguel, Zigaretten zum schmuggeln, Wodka und Wein in der Asi-Packung.)
Und dann konnte er beginnen: Der letzte Abend. Die Partylocation: Zimmer 255.
Ab 22.00 Uhr steppte der Bär; die Botellón begann… Der kleine Raum platzte aus den Nähten, aus den Fake-Fotos wurde Realität und man verließ den Raum, der mittlerweile im blauen Dunst (eindeutig zweideutig!) verschwand nur, um die nahegelegenen und doch weit entfernten Toiletten aufzusuchen, die einen Quizshowcharakter aufwiesen.
Tür 1: Erleuchtet, aber nicht abschließbar.
Tür 2: Abschließbar, aber ohne Licht.
Und Tür 3: Der Zonk – man konnte sie erst gar nicht öffnen.
Später in der Nacht, oder früh am Morgen (wer weiß das schon so genau?) stattete uns auch noch unsere Schnuckelversion von Lehrer einen Besuch ab. Und wieder einmal bewiesen Frauen, dass sie mehrere Dinge zur gleichen Zeit tun können:
Wodkaflasche unters Bett, Weinbecher aus dem Fenster, brennende Kippen hinterher, Schachtel von Dunkin’ Donuts in die Hand, nüchternes Pokerface aufsetzten und:,, Herr Beitzel, wollen sie einen Donut?“
Alles war blau: wir, die Luft vom Zigarettenqualm und die Tagesdecke serienmäßig. Doch unser Lehrer war geschlagen mit Blindheit:,, Hey! Seid ruhig, hier ist jemand krank!“ Und schon verschwand er umnebelt von einer Dunstwolke in den Weiten des Flures und Gabber-Mucke begleitete melancholisch seinen Abgang.
Am Morgen nach der Nacht traf die übernächtigte Meute auf ihre gut gelaunten, ausgeschlafenen Artgenossen, obwohl auch diese um 5.00 Uhr morgens noch leicht müde waren. Auf der Busfahrt zum Flugplatz schliefen wir alle.
Am Flugplatz erwartete uns dann eine weitere, finstere Überraschung: Der Pilot hatte anscheinend auch die Nacht durchgemacht, denn er fand die Landebahn nicht. Man stellte uns drei unerwünschte Bonustage in Aussicht – ohne Herberge versteht sich, die Fluggesellschaft wollte keine Haftung übernehmen. Zwei Stunden und einige Tränen später flogen wir dann doch noch über den Wolken in die Heimat. Zuhause angekommen war unser letztes Ziel dann das Bett!
Zum Schluss bleibt noch zu sagen:
Danke an alle, die diese Reise so unvergesslich gemacht haben! Era un tiempo bueno!
Mara und Öri.