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Sonett von Goethe
Sonett von Goethe

Revision as of 01:17, 29 June 2007

J.W.v. Goethe - Sonett (II)

Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen

Und haben sich, eh man es denkt, gefunden;

Der Widerwille ist auch mir verschwunden,

Und beide scheinen mich gleich anzuziehen.


Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen!

Und wenn wir erst in abgemeßnen Stunden

Mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden,

Mag frei Natur im Herzen wieder glühen.


So ist's mit aller Bildung auch beschaffen:

Vergebens werden ungebundne Geister

Nach der Vollendung reiner Höhe streben.


Wer Großes will, muss sich zusammenraffen;

In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,

Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.


(1802)



Sonett von Goethe

Das Sonett von Johann Wolgang von Goethe wurde 1802 zur Zeit der Romanik geschrieben und veröffentlicht. Es spiegelt die beiden Hauptthemen Kunst und Natur zur Zeit der Romantik, einer großen literarischen Epoche wieder, und ist in der typischen Sonettform geschrieben.

Das Gedicht umfasst 2 Quartette und 2 Terzette und ist in einem fünfhebigen Jambus geschrieben. In den ersten beiden Strophen, den Quartetten, finden wir sich umfassende Reime, die das Schema aBBa wiedergeben. Die Terzette sind so aufgebaut, dass sich jeweils die ersten Zeilen, die zweiten Zeilen und die dritten Zeilen reimen. (Beispiel: Beschaffem- zusammenraffen, Geister- Meister)

Der Titel des Gedichtes "Sonett" spiegelt nicht, wie es üblich ist, das Thema des Sonettes wieder, sondern soll auf die Form hinweisen, die Goethe für sein Werk genutzt hat. Jedoch beginnt er mit seinen Themen, Natur und Kunst, die nicht nur die Hauptgedanken des Gedichtes, sondern typisch für die Epoche der Romantik waren. Diese Epoche reichte von 1795–1848 und schließt Goethe, als Menschen komplett ein. Die Eigenschaften literarischer Werke beziehen sich auf eine enge Natur- und Kunstverbundenheit und widersprechen den Anhängern der Aufklärung, welche sich von 1720 bis 1800 erstreckte. Goethe selbst ein Romantiker verfasste jedoch zahlreiche Werke in denen er auch die Einflüsse der Aufklärung und des Sturm und Drangs einfließen lässt, wie zum Beispiel in "Die Leiden des jungen Werther". Die Menschen der Romantik verspürten eine starke Sehnsucht nach der Heilung der Welt und Zusammensetzung getrennter Elemente zu einem harmonsichen Ganzen. Dazu sollte die Kunst dienen. Dies ist auch die Hauptaussage des Sonettes.

Das Gedicht wird von einem auktionalem Ich-Erzähler und einerInnensicht erzählt, welcher es sich zur Aufgabe gemacht hat, seine Ansichten relativ klar und verständlich an den Leser weiter zu geben. Es gibt keinen klaren Adressaten, das bedeutet, dass dieses Sonett an jeden gerichtet ist.

Gehen wir nun auf die Struktur des Gedichtes ein:

Auffallend ist, dass Goethe sich nur wenigen Stilmitteln bedient hat. Er benutzt allerdings in jeder Strophe für jede Zeile ein anderes Satzzeichen. In anderen Strophen können sich Satzzeichen wiederholen, jedoch wird niemals in einer Strophe das gleiche Satzzeichen erneut verwendet. So finden wir zum Beispiel in der ersten Strophe erst gar kein Satzzeichen, dann ein Simmikolon, dann ein Komma und zum Schluß einen Punkt. Jede Zeile wird so auf eine andere Art gelesen. Eine weitere Eigenschaft des Gedichtes ist, dass Goethe die beiden Hauptthemen, Kunst und Natur nur jeweils einmal in jedem Quartett erwähnt und dann nicht wieder. Er beginnt in der ersten Strophe und der ersten Zeile wie bereits erwähnt mit den Themen des Gedichts und sagt zunächst aus, dass sie sich zu entfliehen scheinen. Im weiten Verlauf des Quartettes erklärt er, wieso nur der Schein des Entfliehens, nicht jedoch die Tatsache gemeint ist. Hier wird der Widerspruch, ein von ihm öfter genutztes Mittel, zum ersten Mal hervorgehoben. In der zweiten Zeile, des ersten Quartettes wiederlegt er bereits, das Entfliehen damit, dass sich Kunst und Natur gefunden haben. Dies war das Hauptziel der Künstler zur Zeit der Romantik.

In der nächsten, der dritten Zeile bringt der Erzähler sich selbst ins Spiel und macht sich somit nicht zum Übermenschen, sondern zu jemandem, dem selbst Fehler passieren. In diesem Fall zu glauben, dass sich Natur und Kunst gegenseitig ausschließen und einen starken Wiederwillen zur Vereinigung beider entgegenzustellen. Er möchte damit sagen, dass er nicht immer so gedacht hat, sondern sich hat überzeugen lassen. Dies führt er auch in der letzten Zeile des ersten Quartettes fort. Dort erwähnt er, dass beide Themen ihn stark faszinieren. Wie stark wird im Laufe des Gedichtes geklärt, wenn er von einer klaren, symbolarmen Sprache in eine bildlichere, leidenschaftlichere übergeht.

Die erste Zeile des zweiten Quartettes beginnt nun mit einem Ausruf. Dem Einzigen des ganzen Sonettes, welche aussagt, dass man sich nur bemühen müsse. Jedoch wird zunächst ausgesprochen, dass "in abgemeßnen Stunden" (Z.6) und mit "Geist und Fleiß"(Z.7) Kunst entstehen kann.Der Erzähler sagt aus, dass dieses Bemühen und dieser Aufwand dafür sorgt, dass sich die Natur auch wieder frei im Herzen glüht (Z.8). Damit soll ein innerlicher Ausgleich entstehen. Wobei die Natur hier nun für Liebe steht. Die Vereinigung von Natur und Kunst dient also nicht nur zur Harmonisierung des Ganzen sondern auch zum Wiederfinden des inneren Gleichgewichtes und Zufriedenheit.

Der Wunsch nach diesem Effekt wird von dem Erzähler nun in einer leidenschaftlichen und bildlichen Sprache wiedergegeben. So werden nun weiter Metaphern nud Symbole genutzt. Das erste war die Natur in der letzten Strophe des zweiten Quartettes, welche für die Liebe und die Gefühle im allgemeinen stand. Nun wird die Bildung hervorgehoben (Z.9), welche dafür sorgt, dass einjeder dazu in der Lage ist, Kunst und Natur zu vereinigen. Jedoch spricht Giethe hier von einem vergeblichen Versuch ungebildeter Geister (Z. 10) Damit spricht er Menschen an, die sich nicht darauf einlassen wollen oder können, Kunst und Natur als solche zu vereinigen. (Aufklärer?) Diese Menschen wollen Vollendung (Z.11) und dies mit allen Mitteln.

Die letzte Strophe dient, wie es bei Sonetten üblich ist, nocheinmal dazu, die Gedanken und Eindrücke/Ideen zusammenzufassen, die der Autor bis dahin im Gedicht gegeben hat. Oft dient das Ende auch dazu, den Leser zum Nachdenken und Handeln zu ermuntern. Dies ist auch die Absicht Goethes, der seinen Erzähler nun noch einmal mit wenigen bildhaften Worten dem Leser einen Schubs geben lässt. Er fasst zusammen, dass jeder, der etwas großes, wie in diesem Fall Kunst und Natur zu vereinigen, sich Mühe geben und Zeit spenden muss. Dieses spricht er jedoch nicht für die Hauptthemen selber an. So lässt sich dieser Rat auf alle Bereiche des Lebens anwenden. Auch die beiden anderen Zeilen, besonders die Symbolhafte vorletzte, sind auf das Leben im allgemeinen anwendbar. "In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister" (Z.13) sagt aus, dass nur jemand, der es schafft, trotz vieler Probleme und Einschränkungen, sein Ziel zu erreichen, ein wahrer Könner seines Faches ist.

Das Gedicht endet damit, dass diese Gesetzmäßigkeit, die in der vorletzten Zeile angesprochen wurde, diejenige sei, die den Menschen die Freiheit beschert. Welche Freiheit damit im speziellen gemeint ist, wird nicht geklärt und lässt Raum für viele Vermutungen. So kann der Leser sich selbst aussuchen, welche Art Freiheit er selbst bevorzugt.

Das Sonett Goethes lässt darauf schließen, dass für ihn Kunst und Natur nicht nur miteinander verbunden und zu einer Einheit gebracht werden können, sondern auch noch den Menschen zur Freiheit verhelfen können.

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