§ 9 GG

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.



Funktionen

Die Vereinigungsfreiheit ist ein individuelles wie kollektives Freiheitsrecht. Strittig ist, ob es zugleich eine Institutsgarantie für Vereine und Gesellschaften ist.

Die Koalitionsfreiheit ist ein individuelles wie kollektives Freiheitsrecht und zugleich eine Institutsgarantie des Tarifvertragssystems und begründet unmittelbare Drittwirkung („Abreden“).


Schutzbereich

Nach herrschender Meinung definiert § 2 VereinsG zutreffend: Verein ist eine „Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisatorischen Willensbildung unterworfen hat.“

a) individuelle allgemeine Vereinigungsfreiheit

Geschützt sind Beitritt, Betätigung, Verbleib, Fernbleiben, Austritt,…

Strittig ist, inwiefern das Recht öffentlich-rechtlichen Vereinen (Kammern) fernzubleiben gegeben ist. Eine Ansicht lehnt ein solches Recht ab, da im Umkehrschluss auch kein Recht auf Gründung oder Beitritt einer öffetnlich-rechtlichen Vereinigung besteht und die Vereinigungsfreiheit grundsätzlich private Vereinigungen schützt. Eine andere Ansicht sieht das Recht als gegeben an, da die Grundrechte gerade auf die Abwehr hoheitlicher Gewalt gerichtet sind und ein Fernbleiben sich insofern von einer gründung unterscheidet, als dass staatliche Gestaltungsformen dadurch nicht unzulässig berührt werden.

b) kollektive Vereinigungsfreiheit

Diese Freiheit, welche durch die ständige Rechtsprechung begründet ist, steht in einem Widerspruch zu § 19 GG III.

Geschützt sind die Selbstbestimmung und die Effizienz der Vereinigungen.

c) individuelle und kollektive Koalitionsfreiheit

Arbeitsbedingungen sind Lohn, Arbeitszeit, Arbeitsschutz, Urlaub…

Wirtschaftbedingungen sind die Verringerung der Arbeitslosigkeit, Konjunktur, neue Technologien…

Es müssen notwendig beide Zwecke gegeben sein.

Auch Gegnerfreiheit und Überbetrieblichkeit ist Voraussetzung.

Diese Bedingungen erfüllen Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und die jeweiligen Dachorganisationen.

Geschütz sind insbesondere Betätigungen wie Streiks, Tarifverträge…


Rechtfertigung

a) Vereinigungfreiheit

Vereinigungen, welche die Bedingungen des § 9 GG II erfüllen fallen nicht aus dem Schutzbereich heraus. Vielmehr ist dieser Absatz eine Schranke der Vereinigungsfreiheit. Die Verbotsgründe sind abschließend normiert.

  • Vereinigungen gegen des Strafrecht

(Hier ist das allgemeine Strafrecht, keinesfalls besonders Vereinstrafrecht, gemeint.)

  • Vereinigungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung
  • Vereinigungen gegen die Völkerverständigung (insbesondere Rassismus, Nationalismus)

Das „richten“ wird als aggressiv-kämpferische Haltung definiert.

Kollidierendes Verfassungsrecht findet sich u.a. in Vereinigungsfreiheit selber, wenn individuelle und kollektive Vereinigungsfreiheit einander widersprechen.

b) Koalitionsfreiheit

Strittig ist ob die Schranke des zweiten Absatzes auch auf Koalitionen angewendet werden kann.

Eine Schranken-Schranke der Koalitionsfreiheit findet sich in § 9 GG III 3.

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