§ 1 GG
From Ius
Menschenwürde; Menschenrechte; Grundrechtsbindung der staatlichen Gewalt
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Dieser Artikel bildet mit § 20 GG das konstituierende Prinzip der Verfassung. Beide Artikel sind durch § 79 GG unveränderbar.
Absatz 1 Durch die Voranstellung der Menschenwürde vor den Staatsstrukturrprinzipien, ist der Vorrang des Menschen vor dem Staat gekennzeichnet. Die Struktur des Staates leitet sich aus der Wrde ab. Der totalitäre Staat ist somit ausgeschlossen.
Die Menschenwürde ist durch Verfassungsbeschwerde direkt einklagbar.
Die Würde kommt jedem Menschen zu, also auch dem Ausländer, Straftäter, Kind, Behinderten usw.
Negativ kann die Menschenwürde als Verbot definiert werden den Menschen zum bloßen Objekt staatlichen Handelns zu degradieren und seine Subjektqualität in Frage zu stellen Dürig: Objektformel s.u.). Dies gilt im engeren Sinne für Folter, Sklaverei, Ausrottung u.ä., nicht jedoch für Pflichten gegen die Gemeinschaft. Kann man also die Menschenwürde als eine Generalklausel zur Abwägung zwischen Individuum und Gemeinschaft betrachten?
Aus der Menschenwürde wird durch die Rechtssprechung der Begriff der allgemeinen Persönlichkeitsrechte (BVerfGE 54, 153 ff) abgeleitet, welche zum Teil über die Grundrechte hinausgehen. (u.a. informationelle Selbstbestimmung)
Das Bundesverfassungsgericht vertritt den sog. wertsystematischen Ansatz, welcher die Menschenwürde als Grundlage der Grundrechte begreift und die Menschenwürde somit als Mittel ihrer Auslegung und Gestaltung betrachtet und zudem auch als grundelgendes Konstitutionsprinzip der Staatsstruktur.
Die Stoa begründete die Menschwürde mit der Teilhabe am Logos, das Christentum mit der göttlichen Ebenbildlichkeit und auch Kant machte sie zur Grundlage seiner Ethik (MdS, Tugendlehre, Ethische Elementarlehre § 11). Um die verfassungsrechtliche Auslegung des Begriffs machte sich Dürig verdient (Maunz/Dürig Komm. zum GG Art. 1 Rn 28)
In der Debatte um die Menschenwürde wird zwischen der Auffassung der Würde als (naturgegebener) Wert und der Würde als Leistung, wodurch es die aufgabe des Staates ist lediglich die bedingungen dieser Leistung zu erreichen (Luhmann). Podlech nennt in einem integrierendem Ansatz fünf dieser bedingungen: Freiheit von Existenzangst, normative Gleichheit, Identität durch geistige Entfaltung, Begrenzung der staatlichen Gewalt und Wahrung der körperlichen Integrität.
Absatz 2 Der Umfang der geltenden Menschenrechte ist durch die Rechtssprechung noch nicht genauer definiert. Internationale Abkommen zu Menschenrechten genießen lediglich den Rang eines Bunfdesgesetzes.