§ 15 StGB

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Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln

Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.



Definition

Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller objektiven Tatumstände.

Ansatzpunkt des Vorsatzes ist die Entscheidung des Täters gegen Rechtsordnung.


Doppelnatur

Der Vorsatz wird entsprechend der sozialen Handlungslehre im Tatbestand und in der Schuld als Vorsatzschuld behandelt. Der Unrecht kann nicht hinreichend beschrieben werden ohne auf subjektive Elemente Bezug zu nehmen. Auch darum ist der Vorsatz notwendig ein Teil des Tatbestandes.


Bezugsobjekte

  • deskriptive Tatbestandsmerkmale
  • normative Tatbestandsmerkmale
  • Kausalität
  • objektive Merkmale der Privilegierungen/Qualifizierungen

Der Vorsatz muss sich nicht beziehen auf die schwere Folge erfolgsqualifizierter Delikte, auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtfertigungsgründe, die Voraussetzungen der Schuld, die objektive Bedingungen der Strafbarkeit und die Proßessvoraussetzungen.


Zeitpunkt

Maßgeblicher Zeitpunkt (§ 8 StGB) ist die Vornahme der tatbestandlichen Ausführungshandlung. Nachträgliches Wissen bzw Billigung (dolus subsequens) oder vorheriger Vorsatz (dolus antecedens) sind unschädlich.


Fahrlässigkeit

Liegt kein Vorsatz vor kommt die Strafabarkeit der Fahrlässigkeit in betracht.


Wille

Das voluntative Element des Vorsatzes graduell verschieden.

  • Absicht
  • Billigung
  • Gleichgültigkeit
  • Unerwünschtheit


Wissen

Das kognitive Element des Vorsatzes ist graduell verschieden.

  • Gewissheit
  • Wahrscheinlichkeit
  • Möglichkeit

aktuelles Bewusstsein

Erforderlich ist ein aktuelles Bewusstsein der Tatumstände.

unterschwelliges und potentielles Bewusstsein

Das unterschwellige Bewusstsein als das bloße Gefühl etwas stimme nicht oder das potentielle Bewusstsein, welches erst durch Nachdenken oder Erinnern wachgerufen werden kann genügt den Anforderungen nicht.

sachgedankliche Mitbewusstsein

Ausreichend ist jedoch das sachgedankliche Mitbewusstsein als Fähigkeit spontan auf Frage nach relevanten unbewussten Wissen zu antworten. Entscheidend ist, das die Kenntnis der Tatbestandsmerkmale bei der Willensbildung wirksam gewesen ist.

Beispiel

Ein Polizist stiehlt einen Apfel ohne an seine Dienswaffe zu denken und verwirklicht damit den Diebstahl mit Waffen nach § 244 StGB statt einfachen Diebstahl.

Keine Kenntnis des Rechts ist für die Vermeidung des Verbotsirrtums notwendig, sondern lediglich die Parallelwertung in der Laiensphäre muss den rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt der Verbotsnorm kennen. Dies gilt besonders für die Bedeutung normativer statt deskriptiver TBMs.

Kenntnis der TB-Art ausreichend (Schuss in die Menge)


Absicht

Der dolus directus 1. Grades liegt vor, wenn es dem Täter gerade auf den sicheren oder möglichen tatbestandlichen Erfolg ankommt.

Im Gesetz mitunter als "absichtlich" expliziert. (§ 226 StGB)


Wissentlichkeit

Direkter Vorsatz

Der dolus directus 2. Grades liegt in der Billigung des sicheren Erfolgs.

Die Billigung ergibt sich notwendig aus der Gewissheit, auch wenn der Erfolg an sich unerwünscht ist.

Ansatzpunkt der Gewissheit können allein die Nebenfolgen sein, da hinsichtlich der Hauptfolgen Absicht gegeben ist.

Dementsprechend sind auch Fälle beabsichtigten unsicheren Erfolgs mit sicherer Nebenfolge eingeschlossen.

Im Gesetz mitunter als "wissentlich" expliziert. (§ 187 StGB)


Eventualvorsatz

Der dolus eventualis setzt intellektuell das Bewusstsein der Möglichkeit des Taterfolgs voraus.

Über das voluntative Element besteht Streit. Nach den intellektuellen Abgrenzungstheorien ist es nicht notwendig. Die herrschende Meinung aber hält es in Form einer Billigung für eine Voraussetzung des Eventualvorsatzes.

Schwierig ist hier die Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit. Entscheidend ist das voluntative Moment, denn das kognitive ist identisch. Eventualvorsatz auf der einen Seite verlangt eine Billigung und bewusste Fahrlässigkeit auf der anderen Seite verlangt die leichtsinnige Sichherheit über den erwünschten Ausgang. In einer anderen Variante ist die Bewusstheit der Güterabwägung relevant. Nach der Frankeschen Formel ist die bewusste Fahrlässigkeit ein "Es wird schon gutgehen.", der Eventualvorsatz aber ein "Na wenn schon!"

Grundsätzlich ist der Eventualvorsatz für alle Vorsatzdelikte ausreichend. Das Gesetz kann aber anderes durch die Formulierung "absichtlich" oder "wissentlich" bestimmen.


Alternativer Vorsatz

Dolus alternativus ist Unwissen ob ein Verhalten einen von zwei widersprüchlichen TBs erfüllen wird.

Beispiel: Verfolgter schießt auf Verfolger und seinen Hund um wenigstens einen zu treffen.

Die Konsequenzen sind umstritten: Es kann der Vorsatz je nach Erfolg bestimmt werden oder stets der schlimmerere Vorsatz unabhängig von Erfolg angenommen werden.

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