§ 15 StGB

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'''Definition:''' Der Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller objektiven Tatumstände. '''(1)'''
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Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller objektiven Tatumstände.
Ansatzpunkt des Vorsatzes ist die Entscheidung des Täters gegen Rechtsordnung.
Ansatzpunkt des Vorsatzes ist die Entscheidung des Täters gegen Rechtsordnung.
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'''Doppelnatur'''
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Der Vorsatz wird entsprechen der sozialen Handlungslehre im Tatbestand und in der Schuld als Vorsatzschuld behandelt. Diese ist idR durch das Unrecht indiziert. Der Unrecht kann nicht hinreichend beschrieben werden ohne auf subjektive Elemente Bezug zu nehmen. Auch darum ist der Vorsatz notwendig ein Teil des Tatbestandes.
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Der Vorsatz wird entsprechend der sozialen Handlungslehre im Tatbestand und in der Schuld als Vorsatzschuld behandelt. Der Unrecht kann nicht hinreichend beschrieben werden ohne auf subjektive Elemente Bezug zu nehmen. Auch darum ist der Vorsatz notwendig ein Teil des Tatbestandes.
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'''Bezugsobjekte'''
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Der Vorsatz muss sich nicht beziehen auf die schwere Folge erfolgsqualifizierter Delikte, auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtfertigungsgründe, die Voraussetzungen der Schuld, die objektive Bedingungen der Strafbarkeit und die Proßessvoraussetzungen.
Der Vorsatz muss sich nicht beziehen auf die schwere Folge erfolgsqualifizierter Delikte, auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtfertigungsgründe, die Voraussetzungen der Schuld, die objektive Bedingungen der Strafbarkeit und die Proßessvoraussetzungen.
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'''Zeitpunkt'''
'''Zeitpunkt'''
Maßgeblicher Zeitpunkt ([[§ 8 StGB]]) ist die Vornahme der tatbestandlichen Ausführungshandlung. Nachträgliches Wissen bzw Billigung (dolus subsequens) oder vorheriger Vorsatz (dolus antecedens) sind unschädlich.
Maßgeblicher Zeitpunkt ([[§ 8 StGB]]) ist die Vornahme der tatbestandlichen Ausführungshandlung. Nachträgliches Wissen bzw Billigung (dolus subsequens) oder vorheriger Vorsatz (dolus antecedens) sind unschädlich.
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'''Fahrlässigkeit'''
'''Fahrlässigkeit'''
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Liegt kein Vorsatz vor kommt die Strafabarkeit der Fahrlässigkeit in betracht.
Liegt kein Vorsatz vor kommt die Strafabarkeit der Fahrlässigkeit in betracht.
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'''1.''' Roxin, Strafrecht AT/I, S. 437
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'''Wille'''
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Das voluntative Element des Vorsatzes graduell verschieden.
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* Absicht
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* Billigung
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*Gleichgültigkeit
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Das kognitive Element des Vorsatzes ist graduell verschieden.
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* Gewissheit
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* Wahrscheinlichkeit
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Erforderlich ist ein aktuelles Bewusstsein der Tatumstände.
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'''unterschwelliges und potentielles Bewusstsein'''
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Das unterschwellige Bewusstsein als das bloße Gefühl etwas stimme nicht oder das potentielle Bewusstsein, welches erst durch Nachdenken oder Erinnern wachgerufen werden kann genügt den Anforderungen nicht.
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''sachgedankliche Mitbewusstsein''
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Ausreichend ist jedoch das sachgedankliche Mitbewusstsein als Fähigkeit spontan auf Frage nach relevanten unbewussten Wissen zu antworten. Entscheidend ist, das die Kenntnis der Tatbestandsmerkmale bei der Willensbildung wirksam gewesen ist.
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Ein Polizist stiehlt einen Apfel ohne an seine Dienswaffe zu denken und verwirklicht damit den Diebstahl mit Waffen nach [[§ 244 StGB]] statt einfachen Diebstahl.
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Keine Kenntnis des Rechts ist für die Vermeidung des Verbotsirrtums notwendig, sondern lediglich die Parallelwertung in der Laiensphäre muss den rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt der Verbotsnorm kennen. Dies gilt besonders für die Bedeutung normativer statt deskriptiver TBMs.
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Kenntnis der TB-Art ausreichend (Schuss in die Menge)
[[category: Strafgesetzbuch]]
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Revision as of 14:09, 5 November 2007

Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln

Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.



Definition

Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller objektiven Tatumstände.

Ansatzpunkt des Vorsatzes ist die Entscheidung des Täters gegen Rechtsordnung.


Doppelnatur

Der Vorsatz wird entsprechend der sozialen Handlungslehre im Tatbestand und in der Schuld als Vorsatzschuld behandelt. Der Unrecht kann nicht hinreichend beschrieben werden ohne auf subjektive Elemente Bezug zu nehmen. Auch darum ist der Vorsatz notwendig ein Teil des Tatbestandes.


Bezugsobjekte

  • deskriptive Tatbestandsmerkmale
  • normative Tatbestandsmerkmale
  • Kausalität
  • objektive Merkmale der Privilegierungen/Qualifizierungen

Der Vorsatz muss sich nicht beziehen auf die schwere Folge erfolgsqualifizierter Delikte, auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtfertigungsgründe, die Voraussetzungen der Schuld, die objektive Bedingungen der Strafbarkeit und die Proßessvoraussetzungen.


Zeitpunkt

Maßgeblicher Zeitpunkt (§ 8 StGB) ist die Vornahme der tatbestandlichen Ausführungshandlung. Nachträgliches Wissen bzw Billigung (dolus subsequens) oder vorheriger Vorsatz (dolus antecedens) sind unschädlich.


Fahrlässigkeit

Liegt kein Vorsatz vor kommt die Strafabarkeit der Fahrlässigkeit in betracht.


Wille

Das voluntative Element des Vorsatzes graduell verschieden.

  • Absicht
  • Billigung
  • Gleichgültigkeit
  • Unerwünschtheit


Wissen

Das kognitive Element des Vorsatzes ist graduell verschieden.

  • Gewissheit
  • Wahrscheinlichkeit
  • Möglichkeit

aktuelles Bewusstsein

Erforderlich ist ein aktuelles Bewusstsein der Tatumstände.

unterschwelliges und potentielles Bewusstsein

Das unterschwellige Bewusstsein als das bloße Gefühl etwas stimme nicht oder das potentielle Bewusstsein, welches erst durch Nachdenken oder Erinnern wachgerufen werden kann genügt den Anforderungen nicht.

sachgedankliche Mitbewusstsein

Ausreichend ist jedoch das sachgedankliche Mitbewusstsein als Fähigkeit spontan auf Frage nach relevanten unbewussten Wissen zu antworten. Entscheidend ist, das die Kenntnis der Tatbestandsmerkmale bei der Willensbildung wirksam gewesen ist.

Beispiel

Ein Polizist stiehlt einen Apfel ohne an seine Dienswaffe zu denken und verwirklicht damit den Diebstahl mit Waffen nach § 244 StGB statt einfachen Diebstahl.

Keine Kenntnis des Rechts ist für die Vermeidung des Verbotsirrtums notwendig, sondern lediglich die Parallelwertung in der Laiensphäre muss den rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt der Verbotsnorm kennen. Dies gilt besonders für die Bedeutung normativer statt deskriptiver TBMs.

Kenntnis der TB-Art ausreichend (Schuss in die Menge)

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