Unterlassen

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Echtes Unterlassen ist der Verstoß gegen eine Gebotsnorm.
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Echtes Unterlassen ist der Verstoß gegen eine tatbestandlich umschriebene Gebotsnorm.
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(Entfernen [[§ 123 StGB]] I 2. Alt.; Verbrechensanzeige [[§ 138 StGB]]; unt. Hilfeleistung [[§ 323c StGB]])
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Grundlage dieser Delikte ist die umstrittene allgemeine Hilfspflicht.
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'''unechtes Unterlassen'''
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Echtes Unterlassen tritt subsidarisch hinter das unechte Unterlassen zurück.
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'''Unechtes Unterlassen'''
Unechtes Unterlassen ist der Verstoß gegen eine Verbotsnorm, welche bei Garantenstellung ein Gebot zur Abwendung des Erfolges begründet.
Unechtes Unterlassen ist der Verstoß gegen eine Verbotsnorm, welche bei Garantenstellung ein Gebot zur Abwendung des Erfolges begründet.
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[[§ 13 StGB]] sieht eine fakultative Strafmilderung vor.
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Tatbestandliche Voraussezung des unechten Unterlassens ist der Eintritt des Erfolges.
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Eine Handlung kann nur dann geboten sein, wenn sie objektiv möglich und subjektiv möglich bzw. zumutbar ist.
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'''Abgrenzung Tun und Unterlassen'''
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Problematisch ist der Ansatzpunkt der Abgrenzung bei mehrdeutigen Verhaltensweisen.
Problematisch ist der Ansatzpunkt der Abgrenzung bei mehrdeutigen Verhaltensweisen.
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''a) Fahrlässigkeit''
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Eine, naturalistisch-ontologische, Ansicht möchte allein darauf abstellen, ob unter dem Einsatz von Energie eine Kausalkette Ingang gesetzt wurde.
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Eine fahrlässige Handlung ist stets mit einem Unterlassen der Sorgfaltspflicht verbunden.
Eine fahrlässige Handlung ist stets mit einem Unterlassen der Sorgfaltspflicht verbunden.
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Die Abgrenzung ist hier Wertung. Die objektiven Kriterien des Energieeinsatzes, der Kausalität sind nicht hinreichend.
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Wenn ein Unterlassen zur Begehung des Fahrlässigkeitsdelikts notwendug ist, so kann hierin kein unechtes Unterlassen zu sehen sein. (?)
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Entscheidend ist der Schwerpunkt des strafrechtlich relevanten Verhaltens. (Radleuchtenfall, Ziegenhaarfall, Hepatitisfall)
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Findet das das sorgfaltswidrige Unterlassen schon im Vorfeld der tatbestandlichen Handlung statt, so ist eher ein Fahrlässigkeitsdelikt anzunehmen. (Hepatitisfall)
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b) Vorsatz
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Nach der normativen Theorie sind sogar Fälle des Unterlassens durch Begehung denkbar, beispielweise bei der aktiven Durchsetzung des Nichtnutzens eines rettenden Handys.
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(Radleuchtenfall, Ziegenhaarfall)
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''b) Vorsatz''
Insbesondere der Abbruch eigener bzw. Vereitelung fremder Rettungsbemühungen ist problematisch.
Insbesondere der Abbruch eigener bzw. Vereitelung fremder Rettungsbemühungen ist problematisch.
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Wird die Rettungshandlung vor einer ersten Mühe abgebrochen, so liegt ein Unterlassen vor.
Wird die Rettungshandlung vor einer ersten Mühe abgebrochen, so liegt ein Unterlassen vor.
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''c) ärztlicher Bereich''
Unterlassen ist bei Beendigung sinnloser Rettungsbemühungen gegeben.
Unterlassen ist bei Beendigung sinnloser Rettungsbemühungen gegeben.
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Begehung ist bei dem unbefugten Abschalten von Geräten durch Dritte gegeben.
Begehung ist bei dem unbefugten Abschalten von Geräten durch Dritte gegeben.
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Tatbestand der unechten Unterlasensdelikte
 
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* Erfolgseintritt
 
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* Unterlassen der gebotenen Handlung
 
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Hier ist nicht nur das Nichtstun gemeint, sondern das Versäumen der physisch-realen Rettungsmöglichkeit.
 
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* Kausalität
 
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Die Kausalitätsformel wird als Quasikausalität modifiziert:
 
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Eine rechtlich erwartete Handlung ist kausal für den Erfolg, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele.
 
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Der Erfolg ist hier nicht in deiner konkreten Gestalt gemeint, sondern in seiner gesetzlich umschriebenen tatbestandsmäßigen Gestalt.
 
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* objektive Zurechung insb. Pflichtwidrigkeitszusammenhang
 
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Fraglich ist, ob der Erfolg auf  dem speziellen Pflichtwidrigkeitszusammenhang beruhen muss.
 
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Dies ist zu bejahen, wenn die Handlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der konkreten Gefahrenlage zur Erhaltung des Rechtsguts dh, zur Vermeidung des tatbestandlichen Erfolges, zu einer wesentlichen Lebensverlängerung oder einer wesentlich geringeren Verletzung geführt hätte.
 
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Dies ist zu verneinen, falls die Handlung zum tatbestandlichen Erfolg in anderer Gestalt, gleichartiger Werteinbuße geführt hätte.
 
[[category: Stichworte des Strafrechts]]
[[category: Stichworte des Strafrechts]]

Current revision as of 11:27, 7 November 2007

Echtes Unterlassen

Echtes Unterlassen ist der Verstoß gegen eine tatbestandlich umschriebene Gebotsnorm.

Grundlage dieser Delikte ist die umstrittene allgemeine Hilfspflicht.

Echtes Unterlassen tritt subsidarisch hinter das unechte Unterlassen zurück.


Unechtes Unterlassen

Unechtes Unterlassen ist der Verstoß gegen eine Verbotsnorm, welche bei Garantenstellung ein Gebot zur Abwendung des Erfolges begründet.

§ 13 StGB sieht eine fakultative Strafmilderung vor.


Gebotene Handlung

Eine Handlung kann nur dann geboten sein, wenn sie objektiv möglich und subjektiv möglich bzw. zumutbar ist.

Die Zumutbarkeit wird beim unechten Unterlassen anders als beim echten Unterlassen erst in der Schuld geprüft.


Abgrenzung Tun und Unterlassen

Problematisch ist der Ansatzpunkt der Abgrenzung bei mehrdeutigen Verhaltensweisen.

a) Eine Ansicht

Eine, naturalistisch-ontologische, Ansicht möchte allein darauf abstellen, ob unter dem Einsatz von Energie eine Kausalkette Ingang gesetzt wurde.

b) Andere Ansicht

Eine andere, normativ-wertende, Ansicht möchte auf den Schwerpunkt des strafrechtlich relevanten, vorwerfbaren Verhaltens abstellen.

c) Fahrlässigkeit

Eine fahrlässige Handlung ist stets mit einem Unterlassen der Sorgfaltspflicht verbunden.

Wenn ein Unterlassen zur Begehung des Fahrlässigkeitsdelikts notwendug ist, so kann hierin kein unechtes Unterlassen zu sehen sein. (?)

Findet das das sorgfaltswidrige Unterlassen schon im Vorfeld der tatbestandlichen Handlung statt, so ist eher ein Fahrlässigkeitsdelikt anzunehmen. (Hepatitisfall)

Nach der normativen Theorie sind sogar Fälle des Unterlassens durch Begehung denkbar, beispielweise bei der aktiven Durchsetzung des Nichtnutzens eines rettenden Handys.

(Radleuchtenfall, Ziegenhaarfall)

b) Vorsatz

Insbesondere der Abbruch eigener bzw. Vereitelung fremder Rettungsbemühungen ist problematisch.

Werden fremde Rettungsbemühungen durch Täuschung oder Drohung vereitelt, so ist stets ein Begehungsdelikt gegeben.

Werden fremde Rettungshandlungen lediglich durch Verweigerung von Hilfe vereitelt, so liegt Unterlassen vor.

Der Abbruch eignener Rettungshandlungen ist ein Tun, wenn dieser nach den ersten Mühen erfolgt.

Wird die Rettungshandlung vor einer ersten Mühe abgebrochen, so liegt ein Unterlassen vor.

c) ärztlicher Bereich

Unterlassen ist bei Beendigung sinnloser Rettungsbemühungen gegeben.

Begehung ist bei dem unbefugten Abschalten von Geräten durch Dritte gegeben.

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